Seit dem Wintersemester 2012/2013 besteht für die neuen Studierenden des Bachelorstudiengangs "Biomathematik" die Möglichkeit, an dem Projekt "Auf Darwins Spuren" teilzunehmen. Es soll ihnen den Einstieg in das Studium erleichtern, aber auch helfen, den ersten "Frust" zu überwinden. Viele neue Studierende können sich unter "Biomathematik" nur eingeschränkt etwas vorstellen. Auch die genauen Jobmöglichkeiten sind vielen zu Anfang noch nicht bewusst. Da besonders das erste Semester sehr mit Mathematik-Vorlesungen gefüllt ist, soll dieses Projekt das Interesse an den interdisziplinären Studiengängen fördern. Ein Ziel ist es, damit auch die hohe Abbrecherquote auf Dauer zu verringern.
Das Projekt setzt sich aus mittlerweile 5 Säulen zusammen:
- Exkursion
- Absolventenvorträge
- Einführende Dozentenvorträge
- Mentoring-Programm
- Seminar "Erleichterung der Studieneingangsphase"
Das Programm beginnt dabei mit einer gemeinsamen Exkursion von Biomathematik-Studienanfängern und fortgeschrittenen Studierenden in ein naturwissenschaftliches Museum mit Evolutionsbezug (z.B. das Darwineum im Rostocker Zoo, das Museum für Naturkunde in Berlin oder das Museum für Natur und Umwelt in Lübeck). Neben einer Führung, absolvieren die Studierenden ein Quiz, welches sie dazu ermutigen soll, sich intensiv mit dem jeweiligen Museum zu beschäftigen. Zusätzlich werden auch ein paar Zusatzfragen gestellt, welche über die Ausstellung des Museums hinausgehen. Diese Fragen sind typisch für biomathematische Probleme und im Laufe des Studiums werden die Studierenden lernen, diese zu beantworten. Gerade dies soll das Interesse der Studierenden fördern, dass es im Bezug zur Evolution noch viele offene Fragestellungen gibt.
Kurz nach der Exkursion beginnen auch die einführenden Dozentenvorträge und Absolventenvorträge. Fast wöchentlich stellen dabei Dozenten des Instituts für Mathematik und Informatik ihre Forschungsgebiete innerhalb der Biomathematik vor. Die Fragestellungen, die die Studierenden während der Exkursion kennengelernt haben, stellen nämlich nur einen Teil der Biomathematik dar und die Dozentenvorträge dienen dazu, den Studierenden zu zeigen, wie vielfältig die biomathematische Forschung ist. Dabei geben die Vorträge zwar auch Einblicke in aktuelle Forschungsfragen, sie sind jedoch so ausgelegt, dass die Studienanfänger/innen ihnen problemlos folgen können.
Bei den Absolventenvorträgen können die Erstsemestler aber auch ältere Studierende erfahren, in welchen Bereichen ehemalige Biomathematikstudierende heute arbeiten. Die ehemaligen Studierenden erzählen dabei oft auch von ihren eigenen Erfahrungen während des Studiums und dann auch von der Zeit danach. Hierbei stellen sie ihren heutigen Arbeitsbereich vor und damit auch die Zukunftsaussichten für die aktuellen Studierenden.
Zusätzlich zu Exkursion, Dozenten- und Absolventenvorträgen gibt es seit dem Wintersemester 2018/19 zusätzlich ein Mentoring-Programm für die Biomathematik-Studienanfänger/innen. Fortgeschrittene Studierende stehen dabei jeweils einer kleinen Gruppe von Biomathematik-Erstis als Mentoren zur Seite, geben Tipps und Ratschläge für die Studieneingangsphase und erleichtern den Studienanfängern/-innen damit den Start ins Studium. Neben den Treffen von Mentor/Mentorin und Mentees, gibt es zudem Treffen aller beteiligten Studierenden, die dem allgemeinen Erfahrungsaustausch dienen.
Zu guter Letzt, wird seit 2015 zudem für die neuen Studierenden von Mitarbeitern des BMBF-Projekts interStudies das Seminar "Erleichterung der Studieneingangsphase" angeboten. Hierbei sollen den Studierenden fachspezifische Denkarten und Lerntechniken vermittelt werden. Daher wird das Seminar mit Vertretern des Studienfaches geplant, sodass das Seminar eine wirkliche Unterstützung sein kann. Dies soll die Studiernden in der meist herausfordernden Eingangsphase unterstützen und gleichzeitig Möglichkeiten liefern, Probleme erfolgreich zu lösen.
Veranstaltungen und Termine
Veranstaltungen WS 2019/20
23.10.2019 | 18:30 Uhr Vorstellung des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen (SR 4) |
23.11.2019 | Exkursion ins Zoologische Museum Hamburg & Besuch der Ausstellung "Aus der Werkstatt der Evolution" |
Anmeldung unter Angabe von Name, Adresse, Matrikelnummer, Studiengang und Fachsemester per E-Mail an ag-fischer-biomathe@uni-greifswald.de | |
14.11.2019 | ab 18:00 Uhr Stammtisch im Rahmen des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen |
06.12.2019 | 12:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Mareike Fischer und Preisverleihung für das HH-Quiz (HS Physik) |
13:00 Uhr Absolventenvortrag von Anne Schütz (Friedrich-Loeffler-Institut) | |
13.12.2019 | 12:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Marc Hellmuth (HS Physik) |
13:00 Uhr Absolventenvorträge von Antonia Zillmann (Universitätsmedizin Greifswald) und Dr. Sebastian Matuszewski (Accenture DACH) | |
16.12.2019 | ab 18:00 Uhr Stammtisch im Rahmen des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen |
07.01.2020 | 14:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Volkmar Liebscher (SR 3) |
15:00 Uhr Absolventenvorträge von Pia Bachmann (Boehringer Ingelheim, Biberach) und Ole Geldschläger (Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen) | |
09.01.2020 | ab 18:00 Uhr Stammtisch im Rahmen des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen |
17.01.2020 | 12:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Mario Stanke (HS Physik) |
13:00 Uhr Absolventenvorträge von Dr. Sabine Wollrab (IGB Berlin) und Dr. Gunnar Dreßler (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, Leipzig) | |
24.01.2020 | 12:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Lars Kaderali (HS Physik) |
13:00 Uhr Absolventenvorträge von Bernadette Wendel (Universitätsmedizin Göttingen) und Dr. Christine Eis (Zentrum für Technomathematik, Universität Bremen) |
Veranstaltungen WS 2018/19
03.11.2018 | Exkursion ins Museum für Natur und Umwelt Lübeck |
09.11.2018 | 14:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Mareike Fischer (SR 4) |
15:00 Uhr Auftakt des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen (SR 4) | |
23.11.2018 | 15:00 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Mario Stanke (SR 4) |
16:00 Uhr Absolventenvortrag von Carolin Malsch (Lehrstuhl für Klinische Epidemiologie und Biometrie, Universität Würzburg) | |
07.12.2018 | 14:15 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Marc Hellmuth (SR 4) |
15:00 Uhr Absolventenvortrag von Elisa Kasbohm (FLI und Institut für Mathematik und Informatik, Universität Greifswald) | |
11.12.2018 | 18:00 Uhr Weihnachsfeier im Rahmen des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen (SR 4) |
11.01.2019 | 14:15 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Lars Kaderali (SR 4) |
15:00 Uhr Absolventenvortrag von Christina Glock (SINOVO health solutions GmbH) und Ariane Belka (Friedrich Loeffler Institut) | |
18.01.2019 | 14:15 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Martin Wendler (SR 4) |
15:00 Uhr Absolventenvorträge von Saskia Schirmer (Institut für Mathematik und Informatik, Universität Greifswald) und Jeanette Bahr (Universitätsmedizin Greifswald) | |
25.01.2019 | 14:15 Uhr Dozentenvortrag von Prof. Dr. Volkmar Liebscher (SR 4) |
15:00 Uhr Absolventenvorträge von Janne Pott (Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig) | |
10.04.2019 | 18:00 Uhr Abschlussveranstaltung des Mentoring-Programms für Biomathematik-Studienanfänger/innen (SR 4) |
Berichte von Biomathematik-Absolventinnen und -Absolventen
Ich habe 2005 mein Studium der Biomathematik abgeschlossen und danach in Heidelberg in der medizinischen Informatik promoviert. Seit 2008 bin ich bei AbbVie (einer großen amerikanischen Pharmafirma) im Bereich Klinische Pharmakologie und Pharmacometrics angestellt. Hier leite ich inzwischen eine fünfköpfige Gruppe als sogenannter Associate Director.
Während meines Studiums habe ich mich in den Semesterferien um Praktika bemüht und bin schon damals bei AbbVie (vor 2013 noch Abbott) gelandet. Dort habe ich in der Biosignalverarbeitung geholfen, Methoden zu entwickeln und zu validieren, die automatisch EKGs vermessen und auswerten. Diese Arbeiten konnte ich dann auch in meiner Diplom- bzw. Doktorarbeit fortsetzen.
Im Jahr 2008 habe ich dann in der Abteilung Pharmacometrics angefangen. Es geht im Großen und Ganzen darum, Konzentrationsverläufe von pharmazeutischen Substanzen durch Modelle zu beschreiben und diese wiederum mit Hilfe weiterer Modelle in Verbindung mit Wirksamkeit und Nebenwirkung zu bringen. Hierbei ist es das Ziel, möglichst viel über die Substanzen zu lernen, ohne zusätzliche Studien durchführen zu müssen, in denen Patienten möglicherweise unwirksame oder zu hohe Dosen verabreicht werden.
Weiß ich z.B. wie sich 20mg und 100mg verhalten, kann ich mithilfe der Modelle vorhersagen, was bei 50mg zu erwarten ist. Eine weitere Frage wäre: Ist eine Gabe von einmal täglich 10mg genauso wirksam wie zweimal täglich 5mg? Habe ich wenige Daten, können auch publizierte Daten genutzt werden, um Informationen zu gewinnen, die für interne Entwicklungsprogramme genutzt werden können (Model Based Meta Anaylsis).
Beispiele solcher Modelle, die mit Hilfe unserer Gruppe erstellt wurden:
Kaefer, Aksana, et al. "Mechanism-based pharmacokinetic/pharmacodynamic meta-analysis of navitoclax (ABT-263) induced thrombocytopenia." Cancer chemotherapy and pharmacology 74.3 (2014): 593-602.
Sharma, Shringi, et al. "Pharmacokinetics and Exposure–Efficacy Relationship of Adalimumab in Pediatric Patients with Moderate to Severe Crohn's Disease: Results from a Randomized, Multicenter, Phase-3 Study." Inflammatory bowel diseases 21.4 (2015): 783-792.
Unsere Modelle bestehen häufig aus Systemen gewöhnlicher Differentialgleichungen, die an vorhandene Studiendaten mithilfe statistischer Verfahren (nonlinear mixed effect model) angepasst werden. Hier wurde ich im Studium gut an die Grundlagen der Themen herangeführt.
Wie kam es dazu, dass du Biomathe studiert hast?
Durch Zufall habe ich einen Artikel in einer Zeitschrift gelesen, wo Dietmar Cieslik den Studiengang vorgestellt hat. Ich bin dann zum Ende meines letzten Schuljahres quer durch Deutschland gefahren und habe mir die Stadt und die Uni angesehen, und mit Herrn Cieslik gesprochen. Danach habe ich mich erst gar nicht für Medizin beworben, sondern fur Biomathe eingeschrieben.
Bist du mit dem Verlauf des Studiums zufrieden? Gab es Schwierigkeiten oder besonders gute Sachen, die hervorhebenswert sind?
Da es das zweite Jahr war, gab es noch einige Schwierigkeiten, z.B. Praktika von anderen Instituten, die verweigert wurden.1 Insgesamt wurden wir aber sehr gut unterstützt und einige Professoren nutzten die Gelegenheit, um ihre partiellen Differentialgleichungen an uns Drittsemestern auszuprobieren.
Hattest du im Laufe des Studiums schon eine Idee, was du später machen willst?
Ungefähr, da ich ab dem zweiten Jahr einen Nebenjob in einer Softwarefirma hatte. Es war klar, dass ich in Richtung Bioinformatik gehen wollte.
Wie viele Bewerbungen hast du geschrieben?
Jedes Mal maximal fünf, d.h. für den ersten Job an der Uni, den ersten Job danach und seitdem. Ich habe fast immer Interviews bekommen und die Mehrzahl der Interviews war erfolgreich.
Wie lief die Zeit nach dem Studium ab? Als was arbeitest du jetzt und welche Aufgaben erfüllst du?
Zuerst habe ich einige Jahre an der Uni gearbeitet (theoretisch für eine Doktorarbeit, aber das hat nicht geklappt). Danach bin ich in die Industrie, froh dass meine Abneigung gegen Vorträge nicht mehr relevant war. Ich habe dann wieder an die Uni gewechselt, weil ich wieder zurück nach Edinburgh wollte (siehe letzter Punkt), aber die ewigen befristeten Verträge haben mich wieder in die Industrie getrieben.
Wobei hat dir das Studium bei deinem jetzigen Job geholfen?
Die interdisziplinäre Arbeit war das Wichtigste. Ich arbeite in einer Firma für medizinische Gerate und der biochemische Hintergrund ist hilfreich, ebenso wie die Mathematik / Statistik und Programmierung. Das Wichtigste war aber der Nebenjob, der mir sehr viele Erfahrungen gebracht hat - technisch wie persönlich - die ich heute noch nutzen kann. Das Zweitwichtigste war mein Auslandsjahr, da ich so ein völlig anderes System kennengelernt habe und meine jetzige Heimat lieben gelernt habe. (So sehr, dass ich sogar die britische Staatsbürgerschaft angenommen habe.)
1Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist das zweite Jahr, in dem der Studiengang Biomathematik überhaupt angeboten wurde. Damals gab es einige Startschwierigkeiten. Diese Probleme wurden mittlerweile aber alle behoben; unsere Studierenden sind mittlerweile aufgrund ihrer speziellen Kompetenzen sogabr besonders gerne an anderen Instituten gesehen.
Sind Sie mit dem Verlauf Ihres Studiums zufrieden? Gab es Schwierigkeiten oder besonders gute Sachen, die Sie hervorheben wollen?
Ja, ich bin mit dem Verlauf meines Studiums zufrieden. Ich habe viele Dinge gelernt (und vielleicht auch wieder vergessen), war mein Studium eine gute Vorbereitung auf meinen jetzigen Arbeitsalltag, auch wenn ich später vieles dazugelernt habe, so war mein Studium doch eine sehr gute Grundlage. Ich würde nicht unbedingt von Schwierigkeiten im Studium sprechen, aber ich habe die Freiheit, nicht alle Vorlesungen besuchen zu müssen, sehr genossen. Ebenso die Option zu haben, mal in andere Veranstaltungen zu schauen, auch wenn diese nicht im Studienplan standen.
Haben Sie im Laufe des Studiums schon eine Idee gehabt, was Sie später damit machen wollen?
Ja, eigentlich wusste ich immer, dass ich Wissenschaftler werden wollte. Dass ich nun mit aktuellen Problemen aus den Meereswissenschaften, die auch relevant für die Gesellschaft sind, arbeite, ist ein Bonus, von dem ich zwar geträumt habe, aber nicht erwartet hätte, das er realisierbar ist.
Wie viele Bewerbungen haben Sie circa geschrieben?
Zwei ernsthafte, als ich auf der Suche nach einem neuen Job war, die erste davon war erfolgreich.
Wie genau lief die Zeit nach Ihrem Studium ab?
Ich bin in Greifswald geblieben und direkt nach der Verteidigung der Diplomarbeit auf eine Mitarbeiterstelle am Institut für Mathematik gewechselt, wo ich am Lehrstuhl von Prof. Kugelmann gearbeitet und später auch meine Doktorarbeit erstellt habe.
Wo haben Sie nach dem Studium angefangen zu arbeiten? Bzw. wo arbeiten Sie heute?
Wie beschrieben, habe ich nach dem Studium als Doktorand in Greifswald gearbeitet. Danach bin ich an das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde gegangen, wo ich seitdem arbeite, unterbrochen von einem Forschungsaufenthalt (3 Monate) an der Dänischen Technischen Universität Kopenhagen.
Wobei hat Ihnen das Studium bei Ihrem jetzigen Job geholfen?
Das Studium hat mir alle Grundlagen für das wissenschaftliche Arbeiten gegeben, z. B. Programmieren oder einfache Ansätze zum Datenauswerten. Hinzu kommt die Fähigkeit zum Abstrahieren, d.h. aus einem komplizierten Problem die wesentlichen, berechenbaren Bestandteile herauszufiltern.
Was genau machen Sie in Ihren jetzigen Job (evtl. typische Aufgaben, typischer Arbeitsablauf o. ä.)?
Ich arbeite im Moment als Ökosystemmodellierer und versuche überall dort mit Modellen weiterzuhelfen, wo Messdaten nicht ausreichend vorliegen oder nicht existieren, z.B. was passiert, wenn im Stettiner Haff eine Muschelfarm gebaut wird. Mein Arbeitsalltag besteht hauptsächlich in der Anwendung und Auswertung von Modellsimulationen, hinzu kommt aber auch die klassische wissenschaftliche Arbeit (Literaturrecherche, das Verfassen eigener Artikel, Konferenzteilnahmen, das Erstellen von Anträgen für Drittmittel, Kommunikation mit Endnutzern unserer Forschung, z.B. Behördenvertretern). Zu einem geringen Anteil meiner Arbeitszeit gehe ich auch selbst ins Feld hinaus und erhebe eigene Messwerte.
Wie ist Ihre Erfahrung als Biomathe-Student in der Arbeitswelt?
Sehr positiv. Biomathematiker sind ein wichtiges Bindeglied und daher überall gefragt. Egal wo man später arbeitet, eine Einarbeitung ist immer notwendig und wird von jedem Arbeitgeber unterstützt. Jeder bringt alle notwendigen Fähigkeiten nach dem Studium mit, und was man noch nicht kann, kann man dank der gelegten Grundlagen erlernen.
Ich habe im Wintersemester 2005 direkt nach meinem Zivildienst den damaligen Diplomstudiengang "Biomathematik" begonnen. Allerdings geschah das zunächst eher aus Verlegenheit heraus: Ich hatte mich für einen anderen Studienplatz beworben und für diesen keine Zugangserlaubnis erhalten. So musste ich innerhalb von vier Wochen eine Alternative finden. Ziemlich schnell fiel mein Interesse auf den Biomathematik-Studiengang, da ich in der Schule bereits Spaß an Mathematik und auch an diversen Mathematikwettbewerben teilgenommen hatte und mir der konkrete Anwendungsbezug zu biologischen Problemen gefiel. Auf dem Papier sprach allerdings nicht viel für diese Wahl: Ich hatte Mathematik nur als Grundkurs - mit Deutsch und Russisch als Leistungskurs - und Biologie bereits in der 10. Klasse abgewählt. Um gewisse Zweifel auszuräumen und um Antworten auf genau die Fragen dieses Absolventenberichtes zu bekommen - Wie verläuft das Studium? Wie sind die Jobchancen mit diesem Abschluss? Welche beruflichen Optionen hat man nach dem Studium? - hatte ich ein Treffen mit dem damaligen Studienberater Prof. Dr. Dietmar Cieslik. Danach stand für mich fest, dass ich mich zumindest bis zur erneuten Bewerbungsfrist am Biomathematikstudium versuchen wollte. Diese Option ließ ich ohne einen Gedanken daran ein Jahr später verstreichen, da ich die ersten Prüfungen gut überstanden hatte und ich auch Teil einer kleinen verschworenen Lerngruppe geworden war, die dabei half, den doch gerade am Anfang schwierigen Studienalltag gut zu bewältigen. Mein Rat an alle Studienanfänger ist es daher, die Hilfe anzunehmen, die Euch zur Verfugung steht - sei es in Form von Lerngruppen oder durch das Aufsuchen der Tutorensprechstunden. Gerade zu Beginn des Studiums kann der Schritt von der Schulbank zum Hörsaal groß sein, speziell was Tempo und Umfang des Lehrstoffes betrifft.
Ich bin mir nicht sicher, wieviele Leute wirklich frühzeitig im Studium wissen, was sie später machen wollen. Aus meinem Jahrgang, würde ich behaupten, dass die meisten vielleicht im letzten Jahr eine vage Idee davon hatten, worüber sie ihre Diplomarbeit schreiben würden. So auch bei mir. Ich hatte mich nach erfolgreichem Grundstudium für die Schwerpunkte "Molekulare Biologie" und "Statistik/Stochastik" entschieden, wobei ich ungefähr genauso viele Vorlesungen der "Diskreten Mathematik/Informatik" besuchte. Generell empfand ich die Biologievorlesungen während des Studiums als wenig fokussiert und nicht direkt an uns Biomathematiker gerichtet.1 Das änderte sich erst, als ich in den Semesterferien einen dreiwöchigen Kurs bei Dr. Martin Haase zum Thema "Molekulare Phylogenetik" besuchte. Hier fand ich alles, wofür Biomathematik für mich steht: Eine konkrete biologisch motivierte Fragestellung, welche sich unter Zuhilfenahme von Mathematik und Informatik "beantworten" lässt und welche dann in den biologischen Kontext zurück übersetzt wird. Daraufhin besuchte ich weitere Praktika und Seminare zu dem Thema und schrieb letztendlich auch meine Diplomarbeit - betreut von Prof. Dr. Dietmar Cieslik und Dr. Martin Hasse - gemeinsam mit meiner Kommilitonin Johanna Haß zum Thema "Diversität von Influenza A H1N1", in welcher wir die Übertragungswege von Influenza rekonstruierten.
Nachdem ich insgesamt circa fünf Bewerbungen für PhD-Stellen im Bereich "Evolutionsbiologie" geschrieben hatte, fand ich während des Schreibens meiner Diplomarbeit eher zufällig einen Aushang für eine PhD-Stelle an der Universität Wien zum Thema "Genetische Anpassungen an sich verändernde Umwelten". Nach erfolgreichem Bewerbungsvortrag, ereignisreichen vier Jahren inklusive Auslandsaufenthalten verteidigte ich im Dezember 2014 meine Dissertation. Von da aus bewarb ich mich für einen PostDoc an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), den ich im Februar 2015 antrat. Nach knapp drei Jahren entschloss ich mich, die Wissenschaft zu verlassen. Seit November 2017 arebite ich bei Accenture - einer großen IT-Beratungsfirma. Wir sind vor allem für die Umsetzung großer digitaler Transformationsprojekte sowie von IT-Infrastrukturen verantwortlich. Meine tägliche Arbeit auf dem Account ist dabei sehr vielfältig: Ich analysiere und bearbeite Anforderungen durch den Kunden, leite Workshops, um Umsetzungsvorschläge mit dem Kunden zu diskutieren, und implementiere Webanwendungen.
Inwiefern hat mich das Studium auf diese Aufgaben vorbereitet? Die Frage hat ein bisschen was von der Schulzeit, wo man im Matheunterricht fragte: "Wozu brauch' ich das?". Ich würde sagen, dass mir heute eher das vermittelte Mindset, als eine konkrete Vorlesung oder das Wissen um die drei Gruppenaxiome hilft. Für keine der oben genannten Berufe/Positionen war ich durch das Studium optimal vorbereitet, in dem Sinne, dass ich das Thema kannte oder sofort Lösungen für Problemstellungen parat hatte. Als Teil des kontinuierlichen Lernprozesses ist es vielmehr die Fähigkeit, sich schnell in neue Fragestellungen einzuarbeiten, Abhängigkeiten und Probleme frühzeitig zu erkennen und Lösungen unter Zuhilfenahme verschiedener Disziplinen und Ansätze zu entwickeln. Eine weitere, wie ich finde wichtige, aber häufig übersehene Fähigkeit, ist die erworbene Frustrationstoleranz, auch bei schweren Problemen weiter fokussiert nach Lösungen zu suchen - um letztendlich deren Lösung zu finden. Neben diesen Dingen sind die wichtigsten Skills, die ich im Studium gelernt habe, das Programmieren und die dazugehörigen algorithmischen Kenntnisse (Komplexität). Auch wenn heute das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Programmierkenntnissen eine andere ist, würde ich mich rückblickend noch viel intensiver mit der Thematik auseinandersetzen. Für jedes meiner Projekte musste ich Simluationen schreiben, um die (vereinfachten) Berechnungen zu überprüfen und gegen das vollständig implementierte Modell zu vergleichen. In einigen Projekten war die entwickelte Software selbst der zentrle Bestandteil der Veröffentlichung. Studenten, die eine akademische Laufbahn anstreben, würde ich empfehlen, sich frühestmöglich mit Fachliteratur vertaut zu machen, um zum Einen Einblicke in aktuelle Forschungsthemen zu bekommen, um zum Anderen zu verstehen, wie der Wissenschaftsprozess an sich funktioniert. Wie sind Facharbeiten aufgebaut, welche Terminologie wird verwendet, was wird wie präsentiert, und wie findet man Antworten auf Fragen, zu denen man nicht die Antwort kennt? Im Gegensatz zu den Übungsaufgaben mit bekannten Lösungen, gibt es diese in der Forschung in der Regel nicht.
Auch wenn ich damals eher zufällig zur Biomathematik kam, habe ich das Studium letztendlich nie bereut und ich bin froh über die vielen interessanten Möglichkeiten, die es mir eröffnet hat.
1Anmerkung der Redaktion: Einige angewandte Grundlagen-Vorlesungen werden mit anderen Studiengängen, beispielsweise Biologie, zusammen besucht. Die Dozent*innen versuchen dabei, allen Hörer*innen gleichermaßen gerecht zu werden, was aber manchmal schwierig ist.
Ich habe 2005 angefangen, in Greifswald Biomathematik zu studieren. Die Anfangszeit vom Studium war hart, gerade weil man sich an so viele neue Dinge gewöhnen musste. Dennoch habe ich es bis heute nicht bereut, mich durch Analysis zu kämpfen. Am Ende des Vordiploms wusste ich, dass ich auf alle Fälle etwas mit Modellierung in der Ökologie machen wollte. Das Hauptstudium, teilweise vergleichbar mit dem Master, verlief dann relativ reibungslos. Durch mein Praktikum am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI, Insel Riems) hatte ich zum einen die Möglichkeit, in unterschiedliche Bereiche der Tiergesundheit zu schauen und mein im Studium erlerntes Wissen anzuwenden. Zum anderen konnte ich in Kooperation mit dem FLI meine Diplomarbeit im Bereich der epidemiologischen Modellierung verfassen. Während der Endphase meiner Diplomarbeit hatte ich begonnen, mich auf Stellen mit dieser Forschungsausrichtung zu bewerben. Ich schrieb ca. 15 Bewerbungen, hatte aber das Glück, dass zeitgleich eine Stelle am Lehrstuhl Biomathematik in Greifswald frei wurde. Schon während meines Studiums hielt ich Lehrveranstaltungen und auch während der Zeit meiner Tätigkeit am Institut machte mir dies besonders viel Spaß. Daher unterrichte ich heute an einer Schule, momentan in den Fächern Mathematik und Physik.
Abschließend möchte ich sagen, dass nicht nur das Studium der Biomathematik, sondern auch Greifswald selbst etwas besonderes ist. Es heißt nicht umsonst „Studieren da, wo andere Urlaub machen“. In Hinblick auf mein Studium, empfehle ich auf alle Fälle, ein Praktikum zu absolvieren.
Nach meinem Abitur 2006 hatte ich so gar keine Vorstellung davon, was ich später einmal machen könnte. Nur mit der Hochschulzulassung wollte ich schon irgendwas anfangen. Nach mehrfachem Sieben aller Studiengänge stand letztlich nur noch Biomathematik auf meiner Liste, also ab nach Greifswald. Ausgewählt hatte ich ausschließlich nach Interesse.
Zum Verlauf meines (Diplom-)Studiums: Grundsätzlich hatte ich wohl das Glück, mir etwas vom Fleiß einiger Kommilitonen abschauen zu können. Stetes Besuchen und Nachbereiten aller prüfungsrelevanten Vorlesungen und Übungen sowie intensive und vor allem kontinuierliche Prüfungsvorbereitungen über einen ausreichend großen Zeitraum haben mich gut durch alle Prüfungen gebracht und am Ende sogar einen Abschluss mit Auszeichnung möglich gemacht.
Als es zum Ende des Grundstudiums um die Wahl der Fachrichtungen im Hauptstudium ging, war für mich schnell klar, dass ich auf biologischer Seite nicht ins Kleine, in die Genetik, sondern ins Große, in die Ökologie, gehen wollte. Schlussendlich habe ich hier auch eine Fülle überwiegend interessanter Vorlesungen besuchen können und würde jederzeit wieder so entscheiden, da es sich auch beruflich als nützlich erwiesen hat. Auf mathematischer Seite habe ich die Richtung Diskrete Mathematik und Informatik eingeschlagen. Von den Vorlesungen zur Optimierung und sogar zur algorithmischen Geometrie profitiere ich noch heute. Die Richtung Statistik wäre rückblickend aber auch kein Fehler gewesen. Vollkommen zu kurz gekommen ist im gesamten Studienverlauf die Informatik. Die einzigen inhaltlichen (nicht didaktischen) Lichtblicke waren die Übung zur Informatik-Vorlesung, in der etwas Java kommuniziert wurde und das Bioinformatische Großpraktikum, in dem man ausgedehnten Umgang mit Perl hatte. Essentielle Programmierkenntnisse in vor allem C++ und R habe ich mir im Wesentlichen seit Beginn der Diplomarbeit selbst angeeignet.1
Schon während des Hauptstudiums hatte ich ein Praktikum im Bereich epidemiologische Ökologie am Helmholtz-Zentrum fur Umweltforschung in Leipzig gemacht. Das hatte mir so gut gefallen, dass ich ebenfalls in diesem Bereich meine Diplomarbeit schreiben wollte und dafür 2011 nach Leipzig gezogen bin. In diesem Zeitraum hatte sich bei mir die Vorstellung entwickelt, Wissenschaftler werden zu wollen. Dass mein Diplomthema scheinbar gut, sogar für andere interessant war und ich als `undergraduate' sogar auf einer wichtigen Konferenz in Glasgow vor mehreren hundert Leuten vortragen konnte, hatte mich auch ein bisschen stolz gemacht. Da ich nun schon vor Ort im Grofßorschungszentrum war und der kürzeste Weg immer der bequemste ist, habe ich mich auf eine Promotionsstelle am Institut beworben. Eine Bewerbung, ein Gespräch, eine Zusage. Die zunächst angestrebte Promotion habe ich allerdings später abgebrochen, was sich nach einer handfesten Niederlage angefühlt hat. Dass mein einziger Betreuer nach wenigen Monaten das Institut verlassen hatte und weder ein Zeitplan noch ein Thema existiert haben, waren nur einige der Gründe dafür. Ich wollte immer wissenschaftlich arbeiten, die Rahmenbedingungen in einer Universität oder einem Großforschungszentrum haben mich allerdings abgeschreckt. Die unsichere Perspektive in diesem Zweig, der generelle Publikationsdruck und die Pflicht zur Übererfüllung des jungwissenschaftlichen Solls sind Missstände, die mich aus der institutionellen Wissenschaft haben abwandern lassen.2 Das Umdenken hat vor allem 2014 nach der Geburt meines ersten Kindes eingesetzt. Ich habe als Vater 11 Monate Elternzeit genommen. Es war das beste Jahr aller Zeiten.
Nach der Elternzeit und dem Restzeitvertrag bin ich erstmal in die planmäßige Arbeitslosigkeit gegangen. Wirklich Sorgen habe ich mir deswegen nie gemacht, ich hatte immer das Gefühl, dass sich schon etwas ergeben würde. Ich habe über einen längeren Zeitraum nur fünf Bewerbungen auf Stellenausschreibungen geschrieben, wovon mich lediglich drei auch tatsächlich interessiert haben. Zweimal wurde ich zu Gesprächen eingeladen und habe in beiden Fällen Zusagen erhalten, wovon ich eine angenommen habe. Heute arbeite ich in einer kleinen privatwirtschaftlichen Firma für scientific consulting in Heidelberg. Ich bin als ökologischer Modellierer und Ökotoxikologe angestellt (steht zumindest auf meiner Visitenkarte), ich entwickle, erweitere und verwende individuenbasierte Populationsmodelle zur Risikobewertung und andere Software, mache aber auch regelmäßig Literaturrecherche und so Dinge wie benchmark dose modeling. Es läuft gut.
Meine Pro-Tipps: Bleibt weitsichtig, fleißig, gründet früh eine Familie und bewerbt euch mal für den Fachschaftsrat.
1Anmerkung der Redaktion: Das Programmierangebot für unsere Biomathematikstudierenden wurde inzwischen erheblich erweitert und umfasst jetzt R, Python, C++ sowie andere Sprache.
2Anmerkung der Redaktion: Herr Dietrich bezieht sich mit diesem Kommentar auf allgemeine Missstände an deutschen Universitäten. Diese betreffen alle Forschungsrichtungen und sind nicht spezifisch für die Biomathematik.
Ich heiße Christina Glock und habe 2011 meinen BSc Biomathematik an der Universität Greifswald gemacht und danach meinen MSc Mathematical Biology an der University of Dundee.
Heute arbeite ich als Softwareentwicklerin in der bio.logis Genetic Information Management GmbH in Frankfurt am Main. Das ist eine kleine Firma, die Dienstleistungen für genetische Labore anbietet, hauptsächlich im IT-Bereich. Mein Team arbeitet an einer Software, die die Humangenetiker beim Schreiben der Befunde unterstützt. Zu meinen Aufgaben gehören das Entwerfen neuer Features in Zusammenarbeit mit den Genetikern, Erarbeiten der Softwarearchitektur, Programmieren und Dokumentieren. Mir macht es viel Spaß über Problemen zu brüten und gemeinsam Lösungen zu finden und umzusetzen.
Das Studium in Greifswald hat mir sehr gut gefallen. Inhaltlich was es wirklich spannend, aber auch anspruchsvoll. Die Atmosphäre am Institut war herzlich, sowohl unter den Studenten als auch zu den Mitarbeitern. Greifswald ist eine wunderbare kleine Stadt, die alles bietet, was man braucht.
Für meinen Beruf ist es eher weniger relevant, was ich an Wissen erworben habe, sondern welche Fähigkeiten ich gelernt habe: logisches Denken, schnelles Aneignen und Wiedergabe von Neuem, Selbständigkeit und Ausdauer. Meine Kollegen haben Informatik, Bioinformatik oder Physik studiert und wir sehen es als Vorteil, dass wir verschieden Disziplinen verbinden.
Ihr könnt mich gerne kontaktieren unter christina.glock@posteo.de.
Wenn man mich als Kind gefragt hat, was ich einmal werden wollte, war die Antwort eigentlich immer schon: Professor(in). Wissenschaft hat mich von klein auf interessiert - Dinge erforschen, Gesetzmäßigkeiten beschreiben und der eigenen Neugier freien Lauf lassen. Als es dann 2007 ernst wurde und der Schulabschluss näher rückte, war ich noch etwas unentschlossen, in welche Richtung es wirklich gehen sollte. In der Schulzeit hatte sich mein Fokus von der Physik in Richtung der Biologie verlagert und da ich von jeher Mathe gut konnte und mochte, sollte es "irgendwas mit Mathe und Bio, aber eher Mathe als Bio" (beides zudem meine Leistungskurse in der Oberstufe) sein. Ich stolperte dann bei einer recht unspezifischen Internetrecherche eher zufällig über den Studiengang "Biomathematik" an der EMAU1. Fur mich positiv war zudem, dass es noch auf einen Diplomabschluss hinauslaufen sollte, während bei vielen anderen Studiengängen zu dieser Zeit bereits auf Bachelor/Master umgestellt wurde. Weitere Recherche zu Studienmodell und -bedingungen bestärkte meinen Entschluss dann nur noch mehr. Es ging also nach Greifswald!
Das Studium erwies sich dann als goldrichtige Entscheidung. Die Umstellung von "Schulmathematik" auf "Mathematik" war zunächst noch etwas holprig, aber durch die kleine Gruppe von Studierenden in meinem Jahrgang und der Möglichkeit sich mit den Mathematikern zu verbrüdern, gelang es in einer alles andere als anonymen Gruppe, sich die nötigen "Handwerkszeuge" anzueignen (oder auch einfach mal nach getaner Arbeit auszuspannen). Erfrischend kamen dann noch die Ausflüge in die Naturwissenschaften hinzu. Hier hatte ich besonderes Interesse an der Ökologie und Systembiologie und nachdem ich erst einmal die ersten beiden Semester hinter mir hatte, war sogar noch etwas Zeit um mal ein wenig über den Tellerrand zu schauen und auch in andere interessante, aber nicht prüfungsrelevante Veranstaltungen (z.B. Meteorologie für Geologen/Geographen oder Meeresbiologie) hineinzuschnuppern. Greifswald selbst erwies sich als studierenden-freundliche Stadt, selbst wenn man wie wir öfters am Tag den Campus wechseln musste, weil die (meisten) Biologen in der Altstadt saßen, die Mathematiker in der Franz-Mehring-Str. und die anderen Naturwissenschaftler entweder bei der Bib oder im Hörsaal Kiste auf uns warteten. Mit dem Fahrrad war alles zu erreichen und irgendwann hatte man die NaWis auch überzeugt, dass Vorlesungen, die zu ungeraden Zeiten beginnen, wirklich jedes(!) Semester mit unseren mathematischen (Pflicht-)Veranstaltungen kollidieren würden.2
Nachdem ich meine Diplomarbeit mit einer Kommilitonin in der Tierökologie der EMAU (AG K. Fischer) geschrieben habe, war für mich klar, dass ich weiter den wissenschaftlichen Karriereweg gehen will. Entsprechend war eine Doktorandenstelle die nächste Hürde. Die Jobsuche war etwas langwieriger, allerdings auch weil ich den interdisziplinären Austausch suchte. Fündig wurde ich bei Ernährungswissenschaftlern/Endokrinologen in Potsdam, sodass ich 2017 durch die Uni Potsdam in (molekularer) Epidemiologie promoviert wurde. Bereits Mitte 2016 war ich jedoch schon an ein Forschungsinstitut fur Computational Biology in München gewechselt, wo ich tiefer in die Zusammenhänge von (Epi-)Genetik und Genomik tauchte und deren Einflüsse auf Vorhofflimmern erforschte. Inzwischen forsche und lehre ich (hauptsächlich) an der Universität Bielefeld im Lehrstuhl Data Science, da ich nach den sehr anwendungsorientierten Forschungsthemen zuvor wieder zu meinen mathematischen Wurzeln zurückkehren wollte - auch um zu Habilitieren. Probleme, eine neue Stellung zu finden, hatte ich nach dem etwas holprigen Start ins Berufsleben nie. Die Interdisziplinarität, für die das Studium den Grundstein gelegt und die ich in späteren Jahren vertieft bzw. ausgeweitet habe, ist definitiv ein Vorteil, den ich gegenüber anderen Mitstreiter(inne)n habe. Darüber hinaus hat das Studium mir nicht nur die klassischen Handwerkszeuge eines Mathematikers (allen voran logisches, analytisches Denken) vermittelt, sondern mir insbesondere beigebracht, mir eine gewisse geistige Flexibilität zu eigen zu machen, die unabdingbar ist, wenn man sich neue Themen erschließen und in der Forschung erfolgreich sein möchte. Ich hoffe, dass ich diese Erfahrungen auch an meine Studierenden weiter geben kann.
1Anmerkung der Redaktion: Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (EMAU) wurde 2018 in Universität Greifswald umbenannt.
2Anmerkung der Redaktion: Tatsächlich gab es in den Anfangsajhren des Biomathematik-Studiums Probleme mit verschiedenen Anfangszeiten von mathematischen und biologischen Vorlesungen. Dieses Problem wurde inzwischen aber behoben.
Diplom Biomathematik 2007-2012, stefaniekoenig@ymail.com
Das Biomathematik-Studium in Greifswald hat mir sehr gut gefallen. Mir war es immer wichtig, etwas Anwendungsorientiertes, Praxisbezogenes zu machen, was bei einem reinen Mathematik-Studium gerade eben nicht im Vordergrund steht. Zu Beginn des Studiums hat man viele grundlegende Lehrveranstaltungen, durch die man sich einfach durchbeißen muss. In den höheren Semestern hat man dann mehr Wahlmöglichkeiten und die Verbindung von Mathematik und Biologie nimmt zu. Besonders schön fand ich die Abwechslung zwischen den mathematischen Fächern (reines Verstehen), biologischen Fächern (viel Verinnerlichen von Wissen) und informatischen Fächern (selbst herumprobieren). Wenn ich heute nochmals wählen könnte, würde ich entweder wieder Biomathematik oder Bioinformatik studieren. Meiner Einschätzung nach spielt es allerdings für die spätere Berufswahl keine so große Rolle, ob man nun Informatik oder Mathematik studiert hat, da man das eine oder das andere während des Studiums immer noch vertiefen kann. Besonders gut gefallen haben mir die Lehrveranstaltungen "Biochemie" (Prof. Bode) und "Tierphysiologie" (Prof. Hildebrandt) und mein Auslandssemester an der Massey University in Neuseeland. Alle Dozenten waren sehr hilfsbereit und bemüht, bei Problemen (Anrechnung von Leistungen, Prüfungen außerhalb des Prüfungszeitraums etc.) Lösungen zu finden.
Während des Studiums habe ich mir leider viel zu wenig Gedanken gemacht, was ich später einmal damit machen möchte. Auch wenn ich generell kein großer Fan der Umstellung auf das Bachelor-Master-System bin, denke ich, dass die Zeit zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium ideal für Praktika ist, um eine bessere Vorstellung zu bekommen, wo man später arbeiten möchte und welchen Schwerpunkt man im Masterstudium vertiefen möchte.
Meine Diplomarbeit habe ich in der Bioinformatik-Gruppe von Prof. Stanke geschrieben. Da mir die Arbeit - Entwicklung und Implementierung von Algorithmen zur Auswertung von Genomdaten - sehr gut gefallen hat, habe ich mich im Anschluss für eine Promotion, aufbauend auf dieser Arbeit, entschieden. Finanziert habe ich meine Promotion über ein Stipendium der Studienstiftung (wer Infos zum Bewerbungsverfahren möchte, darf mich gerne kontaktieren). Meiner Meinung nach hat man in der Bioinformatik gute Chancen auf ein Stipendium, da viele Themen hochaktuell sind. Was man allerdings beachten sollte: Viele Finanzierungen (nicht nur Stipendien) sind auf 3 Jahre befristet, was meiner Meinung nach etwas knapp bemessen ist (in der Regel sollte man 3-5 Jahre einkalkulieren). Anschlussfinanzierungen gibt es nicht immer. Man sollte sich also rechtzeitig darum kümmern. Nach nunmehr 4 Jahren Promotion stehe ich gerade kurz vor der Abgabe meiner Dissertation. Auch wenn mir die wissenschaftliche Arbeit sehr viel Spaß macht und ich die "Freiheiten" an der Uni zu schätzen weiß, habe ich mich gegen eine akademische Laufbahn entschieden. Die Perspektiven in den Wissenschaften sind mir auf Dauer einfach zu unsicher (kaum unbefristete Stellen mit geringen Chancen auf eine Professur, nach 12 Jahren droht der Rausschmiss).1 Deshalb möchte ich nach Abschluss meiner Promotion in die Wirtschaft wechseln und im Bereich Softwareentwicklung arbeiten.
Rückblickend würde ich sagen, dass es nicht so wichtig ist, alles, was man jemals während des Studiums gelernt hat, im Kopf zu behalten (vieles ist bei mir verflogen). Wichtig ist nur, dass man lernt, wie man sich Wissen selbst aneignet. Die mathematischen Lehrveranstaltungen haben mir insbesondere geholfen, logisch zu denken und herzuleiten, und wie man Probleme und Lösungsansätze formal aufschreibt. In der Forschung wird vorausgesetzt, dass man in Englisch sowohl schriftlich als auch mündlich fit ist. Meiner Meinung nach kam das während des Studiums viel zu kurz. Die meisten Lehrveranstaltungen wurden auf Deutsch gehalten. Außerdem gab es keine Veranstaltung, die trainiert, wie man englische Fachliteratur "quer" liest und auf die Kernpunkte herunterbricht. Genauso wenig gab es Veranstaltungen, die das Präsentieren und Diskutieren auf Englisch üben.2 Das Auslandssemester hat mir da sehr geholfen und ich kann es nur jedem empfehlen, da es eine tolle Erfahrung ist.
Wer über eine Promotion nachdenkt, kann mit folgenden typischen Aufgaben rechnen: Lesen von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Ausarbeiten von Publikationen, Vorbereiten von Vorträgen und Postern für Konferenzen oder Seminare und natürlich E-Mails schreiben (für die, die viel mit anderen Arbeitsgruppen zusammenarbeiten). Meine Promotionsarbeit im Speziellen besteht zu einem großen Teil in der Entwicklung, Implementierung und dem Debuggen von Algorithmen - also vorwiegend am Computer.
1Anmerkung der Redaktion: Frau Dr. König bezieht sich mit diesem Kommentar auf das umstrittene Wissenschaftszeitarbeitsgesetz aus dem Jahr 2007. Dieses Gesetz hat die Lage von jungen Wissenschaftler*innen in allen Bereichen nach Ansicht vieler Forscher*innen verschlechtert. Dies betrifft die universitäre Forschung in allen Bereichen, nicht nur in der Biomathematik.
2Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile bieten wir bei Bedarf alle Vorlesungen auf Englisch an, sofern dies von den jeweiligen Studierenden gewünscht wird. Darüber hinaus gab es bei hinreichender Nachfrage in der Vergangenheit sogar schon Englischkurse speziell für Biomathematiker*innen. Außerdem besteht an der Universität Greifswald die Möglichkeit, am Sprachenzentrum Englischkurse auf etlichen Niveaustufen zu belegen. Speziell für Biomathematiker*innen arrangieren wir zusätzlich die Möglichkeit, Forschungsaufenthalte in Neuseeland oder Australien wahrzunehmen, die in der Regel sogar vergütet werden. Darüber hinaus verfügt unser Institut auch über mehrere Erasmus-Verträge, so dass auch innereuropäische Austauschaufenthalte möglich sind, die neben der fachlichen auch der sprachlichen Ausbildung dienen. Es wurde also in den letzten Jahren viel getan, um dieses frühere Manko zu beheben.
Das Biomathe-Studium hat mir sehr viel Spaß gemacht, allerdings war ich während des Studiums noch ziemlich ratlos, was ich später damit machen sollte. Zum Ende des Studiums schrieb ich ca. 8-10 Bewerbungen. Eine davon war erfolgreich. Nach der Diplom-Verteidigung Ende August 2012 habe ich noch zwei Monate in Vollzeit bei meinem ursprünglichen Nebenjob gearbeitet. Danach war ich zwei Monate (November--Dezember) arbeitslos, hatte aber schon die erste Stelle sicher. Ich habe am 01.01.2013 am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf in der Abteilung Klinisches Krebsregister als wissenschaftliche Mitarbeiterin angefangen. Zu Beginn habe ich mich mit meiner halben Stelle um die Auswertung einer Brustkrebsstudie gekümmert, welche zum Ende meiner Hamburger Zeit als Paper im American Journal of Epidemiology akzeptiert wurde. Während meiner Hamburger Zeit wurde meine Stelle in eine Vollzeitstelle umgewandelt, sodass ich mich als Anwendungsbetreuer um das verwendete Tumordokumentationsprogramm gekümmert und auch die restliche IT in der Abteilung mitkoordiniert habe. Im Oktober 2015 bin ich aus freien Stücken an die Medizinische Hochschule Hannover, Zentrum für Informationsmanagement, Abteilung Klinische Anwendungssysteme, gewechselt. Hier betreue ich ein Modul in SAP i.s.h.med, dem meistgenutzten Patientendokumentationsmanagementsystem auf den Intensivstationen, beschäftige mich mit Medizinprodukten und mit Computerhardware im Medizinbereich. Bei meinem ersten Job kamen mir meine in einem Praktikum gewonnen R-Kenntnisse sowie die im Studium erworbenen Statistik-Kenntnisse zugute. Fähigkeiten wie strukturiertes Denken und Arbeiten, Hartnäckigkeit und Kreativität bei der Aufgabenlösung, welche zwangsweise im Studium erworben bzw. gefestigt wurden, sind mir in der Arbeitswelt nach wie vor sehr nützlich.
Was ich während der Diplomarbeit und auch während meines ersten Jobs gemerkt habe, ist, dass ich mich zwar schon gern mit einem Thema rein auswertungstechnisch beschäftige, jedoch einen Ausgleich benötige. Deshalb kann ich dies als Tipp mit auf den Weg geben, dass man seinen Job danach aussuchen sollte, wie groß der Anteil der reinen wissenschaftlichen Arbeit ist.
Bei Fragen kann man mich auch gern über schroeder.jennifer@mh-hannover.de kontaktieren.
Mathematik und Biologie waren bereits zu Schulzeiten meine Lieblingsfächer. Als dann die Entscheidung für ein Studiumfach nach dem Abitur anstand, war mir die Suchmaschine Google eine große Hilfe: "Biologie und Mathematik" als Suchbegriff lieferten mir als dritten Treffer "Biomathematik in Greifswald". Ich habe daraufhin die Schülersprechstunde wahrgenommen, um mir weitere Informationen zu diesem Studienfach zu besorgen. Dort wurde ich ausreichend über Inhalte und Anforderungen informiert, auch Abbruchsquoten wurden nicht verheimlicht (welche damals bei 2/3 stand, was vermutlich auch an der Tatsache liegt, dass die Einschreibung ohne Auswahlkriterien wie beispielsweise N.C. erfolgt). Nach einjähriger Auszeit im Ausland und reiflicher Überlegung habe ich mich dann auf mein Google-Suchergebnis-Experiment eingelassen. Neun Jahre später kann ich sagen, dass es genau die richtige Entscheidung für mich gewesen ist.
Mein Bachelorabschluss in Biomathematik an der Universität Greifswald war mein Sprungbrett für meinen jetzigen Berufs-/Karriereweg. Ich wurde mit einem sehr guten soliden Grundwissen in Mathematik und in Biologie ausgestattet, auf welches ich heute noch zurückgreifen kann. Ein Bachelorstudiengang in Biomathematik ist nach wie vor selten, denn oft kommt die Spezialisierung erst im Master. Dies macht den Studiengang in Greifswald einzigartig.
Ich schätzte vor allem die familiäre Atmosphäre. Das Arbeiten in kleinen Gruppen ermöglichte den gegenseitigen Austausch unter den Studenten, und dies machte es angenehmer, den Berg von Hausaufgabenblättern zu bewältigen. Aber auch zwischen den Dozenten/Professoren und den Studenten herrschte eine persönliche Ebene. Probleme, Schwierigkeiten oder Zukunftsperspektiven konnten offen besprochen werden. So hatte ich beispielsweise jegliche Unterstützung, um ein Auslandssemester in Neuseeland zu absolvieren, welches mir vollständig angerechnet wurde. Auch nach meinem Bachlorabschluss konnte ich die Kontakte von Dozenten nutzen, um nochmals für ein halbes Jahr ein bezahltes Praktikum in Neuseeland zu machen.
Auch wenn ich aus meiner Zeit in Greifswald einiges mitgenommen und die Zeit sehr genossen habe, kam für mich die Kombination beider Fachgebiete etwas zu kurz.1 Ich entwickelte ziemlich schnell ein Interesse für die biologische-medizinische Forschung und wollte mehr und mehr die Mathematik als Werkzeug benutzen, um Fragestellungen in der Biologie zu beantworten. Ich habe die angewandte Mathematik der "beweislastigen, etwas trockenen" Mathematik vorne angestellt. Für meinen Master (Mathematical Biology) bin ich deswegen nach Schottland, Dundee, gegangen (auch hierfür konnte ich auf Kontakte aus Greifswald zurückgreifen). Während der Fokus in Greifswald auf der Statistik beruhte, tauchte ich dort in die Welt der Modellierung ein.2
Die letzten zwei Jahre habe ich einen Exkurs in die Laborarbeit gewagt und als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg gearbeitet. Es war interessant zu sehen, wie biologische Daten gewonnen werden, mit denen wir hauptsächlich arbeiten, und welche Fehler zum Beispiel bei Messungen entstehen können. Diese zwei Jahre haben mir aber auch gezeigt, dass theoretisches Denken, welches man sich gewiss während eines Biomathematik-Studiums aneignet, sich von einer biologischen oder medizinischer Herangehensweise unterscheidet und man nicht immer die gleiche Sprache spricht. Biologische Daten zu generieren, ist das eine, sie dann aber so aufzuarbeiten und zu archivieren, dass man damit auch arbeiten kann, ist nochmals eine andere Hürde. Gerade medizinische Daten sind in dieser Hinsicht sehr sensibel und Datenschutzauflagen sind mit sehr viel Bürokratie verbunden.
Vor Kurzem habe ich eine PhD im Bereich Theoretischer Biologie an der Universität in Utrecht, Niederlande, begonnen. In meinem Projekt beschäftige ich mich mit den Dynamiken von Virus und Immunsystem während der Therapie von HIV-infizierten Kindern. Mein Arbeitsalltag findet hauptsächlich vor dem Computer statt. Neben dem Lesen von wissenschaftlichen Artikeln gehört aber auch der Austausch mit anderen Wissenschaftlern, zum Beispiel auf Konferenzen oder in Meetings mit Kooperationspartnern (in meinem Fall sind dies Kinderärzte), zur Arbeit mit dazu. Ich freue mich, heute die Mathematik als kreatives Werkzeug nutzen zu können, um Graphen zu erstellen, Statistiken aufzustellen oder Modelle zu entwickeln, die meine Daten später widerspiegeln sollen.
Den Grundbestand meiner Werkzeugbox habe ich definitiv aus Greifswald mitgebracht und mit den Jahren habe ich diesen verfeinert, vertieft und vermehrt. Noch heute pflege ich den Kontakt mit Greifswald und profitiere nach wie vor davon, wenn es zum Beispiel darum geht, ein gutes Referenzschreiben zu bekommen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Biomathematik nicht eine bestimmte Richtung vorgibt, sondern dass man seine eigenen Interessen verwirklichen kann. In der Biologie, und ich spreche jetzt nicht nur von der medizinischen Richtung, fallen durch neue Techniken immer mehr Daten und Zahlen an, die es zu verarbeiten und auch zu verstehen gilt. Deswegen gehe ich stark davon aus, dass auch in Zukunft eine hohe oder sogar erhöhte Anfrage an Biomathematikern besteht.
1Anmerkung der Redaktion: Genau das hat sich seit 2012 stetig verbessert. Wir bieten mittlerweile etliche Vorlesungen an, in denen vermittelt wird, wie man mit mathematischen Methoden biologische Fragestellungen bearbeiten kann. Diese speziellen Vorlesungen setzen mittlerweile schon im zweiten Semester des Bachelors ein. Im Masterstudium Biomathematik gibt es sogar noch mehr biomathematische Wahlvorlesungen.
2Anmerkung der Redaktion: Im Bachelor Biomathematik werden in Greifswald mittlerweile sehr breite Grundlagen vermittelt. Im Master können die Studierenden dann ihre Module aus den Bereichen Analysis/Optimierung, Diskrete Mathematik/Algorithmik und Stochastik/Statistik selbst wählen.
Mein Name ist Renée und ich habe von 2007 bis Ende November 2012 Biomathematik auf Diplom an der Universität Greifswald studiert. Die Wahl meines Studienfaches war nicht einfach, jedoch konnte mich ein Professor davon überzeugen, dass dieses Fach genau das ist, was ich machen möchte.
Die ersten paar Semester waren eher durchwachsen, was die akademischen Leistungen anging. Ich habe lieber das umfangreiche Clubangebot ausgenutzt. Außer zu den Prüfungszeiten... ist trotzdem vieles gut gegangen. Ab und an braucht man auch mal eine Auszeit. Dann geht einem vieles leichter von der Hand. Zusätzlich habe ich mit meinen Kommilitonen zu ziemlich jeder Prüfung oder Klausur mindestens eine Lerngruppe veranstaltet, um herauszufinden, ob der Stoff sitzt oder wo noch Nachholbedarf besteht. Klausuren haben fast ausschließlich erst im zweiten Anlauf geklappt, aber bestanden ist bestanden. Im Hauptstudium habe ich mich auf die Schwerpunkte Analysis/Optimierung und Molekularbiologie spezialisiert, da mich diese Themen am meisten interessiert haben und ich, zugegebenermaßen, nicht viel darüber nachgedacht habe, ob ich das später mal brauche. Rückblickend betrachtet war das eine sehr gute Entscheidung.
Zusätzlich war ich 2010 ein Jahr Mitglied im Fachschaftsrat. Dort haben wir Veranstaltungen für die Studenten organisiert und ein wenig von der Hochschulpolitik erfahren. Als Zusatz zum Studium ein wahrer Gewinn, da es etwas völlig Anderes ist und man zugleich lernt, Verantwortung zu übernehmen.
Meine Diplomarbeit habe ich am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zum Thema "Methoden zur Identifizierung von Biomarkern in Massenspektren" geschrieben. Als Gesamtabschluss meines Diploms steht eine 2,7 zu Buche. Die Note war mir völlig egal, Hauptsache bestanden?
Nach 7 Bewerbungen an Unis und Forschungsinstituten wurde ich im April 2013 zu einem Bewerbungsgespräch am FLI eingeladen. Diese Stelle habe ich dann auch bekommen, daher war es auch mein einziges Bewerbungsgespräch. Die Stelle war in der IT auf 2 Jahre befristet. Ein guter Anfang... ich arbeite noch heute dort, bin jetzt stellvertretende IT-Koordinatorin des FLI und betreue die komplette wissenschaftliche Infrastruktur. Zusätzlich stehe ich den Wissenschaftlern mit Rat und Tat bei biomathematischen/bioinformatischen Fragestellungen zur Seite. Aufgrund meiner Aufgaben sitze ich viel am PC, spiele mit Servern (quasi große PCs) oder telefoniere mit den Wissenschaftlern. Die ein oder andere Besprechung findet auch noch Platz im Terminplan.
Durch mein Studium habe ich gelernt, mir Sachen beizubringen, um mir damit neue Dinge zu erschließen. Damit kann man mehr gewinnen als mit zwanghaft auswendig gelerntem Wissen. Dies hilft einem sehr, wenn man in einen völlig neuen Fachbereich, wie bei mir die IT, gerät.
Alles in allem würde ich mein Studium wieder genauso absolvieren. Es hat Spaß gemacht und mir für mein Leben und meine Entwicklung geholfen...Biomathe ROCKS!!! (das merken auch immer mehr die Arbeitgeber...)
Email: renee.groehe@gmail.com
Ich habe bis 2012 an der Uni Greifswald Biomathematik studiert und direkt danach meine Promotion am Lehrstuhl für Bioinformatik bei Prof. Mario Stanke begonnen.
In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit Genomen eukaryotischer Organismen. Dabei interessiere ich mich insbesondere dafür, potentielle Exons (Teile eines Gens) danach zu untersuchen, ob sie Protein-codierend sind oder nicht. Das geschieht keineswegs im Labor, sondern am Computer. Mithilfe von wahrscheinlichkeitstheoretischen Modellen versuche ich, verschiedene Eigenschaften Protein-codierender Exons abzubilden, und entwickle Algorithmen, die genomische Daten auf diese Eigenschaften untersuchen. Die meisten der untersuchten Eigenschaften basieren auf der Annahme, dass in Protein-codierenden Regionen der DNA der Selektionsdruck größer ist als in nicht-codierenden Regionen. Das heißt, es gibt weniger gravierende Mutationen, die Proteine verändern, deren Funktion einschränken oder gar aufheben.
Im Rahmen meiner Promotion arbeite ich neben der Methodenentwicklung in angewandten Projekten mit BiologInnen aus verschiedenen Städten und Ländern zusammen. Der Besuch von Konferenzen und Projekt-Meetings mit KooperationspartnerInnen sind ebenso Teil der wissenschaftlichen Arbeit wie das Abhalten von Lehrveranstaltungen.
Wichtige Bestandteile des Studiums nach Relevanz für mein Promotionsthema sortiert waren an erster Stelle das Erlernen von Programmierfähigkeiten in C++ (Praxis des Programmierens, effiziente Algorithmen und Datenstrukturen), grundlegende Konzepte der Stochastik, Genomanalyse und Mikrobiologie, insbesondere Aufbau und Funktion der DNA und Proteinbiosynthese. Selbstverständlich waren auch alle Spezialvorlesungen aus dem Bereich der Bioinformatik sehr hilfreich.
Im Allgemeinen gehört auch der Umgang mit Linux und mit Datenbanken, das Bash-Scripten und das Schreiben kleinerer Hilfsprogramme zum Alltag eines Bioinformatikers oder einer Bioinformatikerin. Diese Fertigkeiten habe ich aber hauptsächlich nach dem Studium bzw. während der Diplomarbeitsphase erlernt.
Ich zog im September nach dem Abitur allein nach Greifswald, um dort Biomathematik zu studieren. Während des Studiums lernte ich meine Kommilitonen besser kennen, wir bildeten Lerngruppen und wurden Freunde. Einige von ihnen bezeichne ich auch heute noch so, an andere denke ich gerne zurück, ohne mit ihnen in Kontakt zu stehen. In den 3 Jahren haben wir viel gemacht, noch mehr erlebt und manchmal auch gelernt. Ohne diese Menschen hätte ich den Abschluss nicht geschafft, denn studieren ist gerade in den ersten Semestern mit viel Arbeit verbunden und zusammen fiel uns diese leichter.
Ich wollte immer in die Forschung und Entwicklung. Ich dachte immer, mit einem Biomathematik-Abschluss würde ich in einem Pharmazie-Unternehmen anfangen. Jedoch habe ich während des 5. Semesters gemerkt, dass ich Biologie nicht weiter studieren will. Deshalb ging ich nach meinem Bachelor nach Rostock und schloss dort ein Technomathematik-Studium mit der Spezialisierung Maschinenbau mit dem Master ab. Zwischendurch absolvierte ich mehrere Praktika, arbeitete im Anschluss ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Universität Rostock und bin jetzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Fraunhofer-Gesellschaft in Rostock tätig. Meine Hauptaufgabe ist die Entwicklung von Software, mit der Messdaten nutzbringend ausgewertet werden können.
Auch wenn ich heute in meinem Beruf kaum Nutzen aus meinem Biomathematik-Studium ziehe, kann ich sagen, dass wegen der breiten Aufstellung mit Mathematik, Biologie und Maschinenbau die potentiellen Arbeitgeber durchaus interessiert waren. Ich habe insgesamt fünf Bewerbungen geschrieben, vier Bewerbungsgespräche geführt und zwei Jobangebote bekommen.
Ich würde also nicht sagen, dass ich einen Fehler gemacht habe, als ich Biomathematik studierte. Ich habe viel gelernt, auch über mich. Die Mathematik werde ich nicht aufgeben, dafür wurde der Grundstein während meiner Zeit in Greifswald gelegt. Und nebenher kenne ich eine Menge (manchmal nützlicher) Fakten über die Wirkungsweise von Medikamenten, über die Genetik und die Physiologie.
Mein Name ist Manuela Barth und wenn ich an mein Studium zurückdenke, erinnere ich mich meist an die Menschen, die noch heute zu meinem Leben gehören. Denn ich habe in dieser Zeit echte Freunde gefunden. Wir haben aber natürlich nicht nur Party gemacht, sondern auch unzählige Tage zusammen in der Uni und der Bibliothek verbracht. Da ich mein Studium 2008 begonnen habe und somit im ersten Jahrgang des Biomathematik-Bachelors war, hatten sich viele Prozesse noch nicht ideal eingespielt. Es wurden jedoch durch Beratung untereinander und in Zusammenarbeit mit den Professoren Stück für Stück Anpassungen gemacht, sodass sowohl Bachelor als auch Master mittlerweile noch angenehmer zu absolvieren sind. Wie viele andere auch, hatte ich zu Beginn des Studiums eine Idee, was ich nach dem Studium in etwa machen wollte. Mit den Jahren änderte sich jedoch mein Interesse ein wenig und wechselte von der biologische Forschung zur Informatik. Deshalb beschloss ich schon zu zu Beginn des Masters, dass ich gern ein Praktikum machen und meine Masterarbeit gern in Zusammenarbeit mit einer Firma schreiben möchte. Ich schrieb also (wenn ich mich richtig erinnere) fünf Bewerbungen. Daraufhin haben sich drei Firmen gemeldet, und nach den Bewerbungsgesprächen hatte ich auch drei Zusagen. Den Firmen war meist nicht das konkrete Wissen in Mathe, Informatik oder anderem wichtig, sondern Interesse und Fähigkeiten wie strukturiertes Denken und Kommunikation von Sachverhalten sowie der Wunsch, zu Lernen. Ich absolvierte dann ein 6-monatiges Praktikum bei Capgemini in Berlin und habe dort auch meine Masterarbeit über ein sehr praxisnahes Thema zur Automobilproduktion geschrieben. Ich wurde direkt und problemlos nach meinem Abschluss übernommen. Ich habe somit seit November 2014 bei Capgemini Berlin als Software-Engineer gearbeitet und eine wirklich tolle und lehrreiche Zeit gehabt. Nachdem ich aus privaten Gründen nach Koblenz gezogen bin, arbeite ich seit Februar 2017 bei der Debeka-Versicherung als Java-Entwickler. Insgesamt war es also für mich immer am wichtigsten, dass ich meinen Interessen gefolgt bin und keine Angst vor neuen Wegen hatte. Man kann also mit dem Gefühl aus dem Studium gehen, nicht sehr viel zu können, aber auf dem Arbeitsmarkt ist man trotzdem sehr begehrt aufgrund der zahlreichen Soft-Skills, die man gerade als Mathe- bzw. Biomathe-Student erwirbt.
Kontakt gern per XING (Suche per Mail) oder direkt per Mail: manuela@aus-rasberg.de
Als (Bio-)Mathematikerin in die Automobilindustrie
Ich bin, wie wahrscheinlich viele andere auch, ohne konkrete Karrierevorstellungen in das Studium eingestiegen. Für mich standen der Spaß an der Mathematik und mein Interesse an der Biologie bei der Studienwahl im Vordergrund.
Als erster Bachelorjahrgang (WS 08/09) hatten wir mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen, die nun aber hoffentlich längst behoben sind.1 Von Anfang an waren für mich die Vorlesungen in der Mathematik die Highlights des Studiums, nicht zuletzt durch das deutlich bessere Betreuungsverhältnis. Ein kleines Manko waren damals die Hürden, die mit einem Auslandssemester verbunden waren. So gab es im Bereich Mathematik kaum bis keine Erasmus-Partnerhochschulen.2 Wenn es hingegen um Wünsche für Lehrveranstaltungen ging, wurde vom Institut beinahe alles möglich gemacht – auch wenn sich nur zwei Studenten für die Vorlesung interessierten.
Im Masterstudium habe ich mich entschieden, von Biomathematik auf Mathematik zu wechseln. Zusätzlich habe ich im 3./4. Mastersemester ein völlig fachfremdes Auslandsjahr in Japan verbracht, in dem ich unterschiedlichste Kurse zur Geschichte, Kultur und Sprache Japans belegt habe. Für mich war das der erste Schritt auf dem Weg zu meinem heutigen Job.
Die Masterarbeit habe ich am Forschungszentrum Jülich geschrieben, eine weitere gute Gelegenheit, um einmal die Luft außerhalb der vertrauten Uni-Welt zu schnuppern.
Nach dem Studium
Nur wenige Wochen nach der Verteidigung meiner Masterarbeit ging es für mich wieder zurück nach Japan – diesmal mit dem DAAD "Sprache und Praxis Japan" Stipendium, mit dem ich zehn Monate an einer Sprachschule in Tokyo verbringen konnte und weitere acht Monate als Praktikantin bei Bosch. Eben dieses Praktikum, sowie meine zusätzlichen Japanischkenntnisse haben es mir ermöglicht, nach meiner Rückkehr direkt bei Bosch einzusteigen, ohne den klassischen Bewerbungsmarathon zu absolvieren.
In meinem jetzigen Job ist meine Hauptaufgabe die Softwareentwicklung von videobasierten Parkassistenzsystemen. Dabei haben sich insbesondere die C++ Kenntnisse aus "Praxis des Programmierens"sowie meine Masterarbeit zur Bildverarbeitung als nützlich erwiesen. Was mir besonders gefällt, ist, dass die Ergebnisse meiner Arbeit später direkt im Kundenfahrzeug wiederzufinden sind.
Als Biomathematiker in diesem Bereich hat man natürlich einiges aufzuholen im Vergleich zu den Informatikern/Maschinenbauern etc., aber auch oft eine andere, erfrischende Sichtweise auf die Dinge, die die Teamarbeit durchaus bereichern kann.
Lessons learned
- Machen, was einem Spaß macht, auch wenn man noch nicht weiß, wofür es später gut ist
- Möglichkeiten nutzen, außerhalb der Uni Erfahrungen zu sammeln
- Netzwerk aufbauen und nutzen – insbesondere bei der Jobsuche
1Anmerkung der Redaktion: Viele der Probleme von damals sind tatsächlich mittlerweile behoben. Als kleines Institut haben wir aber nach wie vor ein Ohr fur die Probleme unserer Studierenden und versuchen, auch neue Probleme stets zeitnah zu beheben.
2Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile verfügt unser Institut über mehrere Erasmus-Verträge. Insbesondere aber bieten wir speziell Biomathematiker*innen nicht nur ein Auslandssemester an einer europäischen Hochschule an, sondern unabhängig von Erasmus auch individuell für unsere jeweiligen Studierenden organisierte Forschungsaufenthalte z.B. in Neuseeeland und Australien. Diese Aufenthalte werden in der Regel sogar finanziell vergütet, und nicht selten schaffen unsere Studierenden es dort, erstmals zu einer wissenschaftlichen Publikation beizutragen, was für den Lebenslauf eine einmalige Chance ist.
Das etwas andere (Bio-)Mathestudium
Mein Name ist Ariane und ich habe an der Universität Greifswald tatsächlich kein Biomathematik-Studium, sondern ein reines Mathematik-Studium (2015) absolviert, allerdings mit dem Schwerpunkt angewandte (Bio-)Mathematik. Wenn ich heute noch einmal die Wahl hätte, würde ich es wieder genauso machen.
Es war zwar nicht immer einfach, insbesondere in den ersten 2--3 Semestern, wo Freunde kamen und gingen. Ich habe es durchgezogen. Die Frage "Ist dieses Studium wirklich was für mich?" habe ich nach einigen Überlegungen, auch durch Gespräche mit anderen Studenten und Freunden, mit "Ja!" beantwortet.
Nicht jede Prüfung hat auf Anhieb das gewünschte Ergebnis geliefert. Durch die Analysis-I-Klausur bin ich mit Bravour durchgerasselt. Die Nachholklausur habe ich mit hängen und würgen bestanden, genauso die Klausur für Lineare Algebra I. Am meisten geprägt hat mich allerdings die mündliche Prüfung von Lineare Optimierung im vierten Semester. Es gibt immer schlechte Tage, dieser Prüfungstag war so einer. Es regnete in Strömen, ich saß durchnässt in der Prüfung und habe alles vermasselt, was ich nur vermasseln konnte. Ich habe mich dazu entschieden, die Prüfung erneut abzulegen, und siehe da, das war das Beste, was ich machen konnte. Viel weitergeholfen haben mir zudem die Lerngruppen und Übungstreffen, ohne sie hätte ich in meinem Studium ziemlich alt ausgesehen.
Auch kann ich jedem nur empfehlen, einmal Mitglied des Fachschaftsrat zu sein. Es hat sehr viel Spaß gemacht, aber auch gefordert, Partys, Rechenbattles, Feuerzangenbowle-Abende und den Matheball zu organisieren oder für die Probleme unserer Mitstudenten da zu sein und ihnen Hilfestellungen zu geben.
Im Laufe meines Studiums habe ich nicht gewusst, was ich einmal damit anfangen möchte. Auch jetzt ist diese Frage für mich nicht zu 100% beantwortet, da mir ein breites Feld an Arbeitsmöglichkeiten offen steht. Ich habe mich allerdings zunächst dafür entschieden, in dem europäischen Projekt COMPARE mitzuwirken und in diesem Rahmen meine Doktorarbeit am Friedrich-Loeffler-Institut im Labor für NGS und Microarray-Diagnostik zu schreiben. Diese Stelle habe ich ca. einen Monat nach Verteidigung meiner Masterarbeit angenommen.
Mein Studium hilft mir bei meiner Arbeit unter anderem, da ich viel mit großen Datensätzen arbeite, sie analysiere und die Resultate auswerte. Ein weiterer Teilbereich meiner Arbeit ist, dass ich das Thema meiner Masterarbeit weiter untersuche und die Entwicklung neuer Methoden zur Klassifizierung von Nukleotidsequenzen vorantreibe. Zudem optimiere ich mithilfe meiner Kollegen ein bereits bestehendes Analyse-Tool für die taxonomische Klassifizierung von Sequenzen.
Die meiste Zeit verbringe ich tatsächlich vor dem PC, um in R, perl oder bash zu programmieren und Daten auszuwerten. Es ist eher selten, dass ich einmal das Labor betrete und dort Arbeiten, wie cDNA-Synthese, Library-Herstellung oder die eigentliche Sequenzierung, verrichte.
Meine Erfahrung aus den letzten (fast) 2 Jahren ist, dass die Biomathematik immer populärer wird und die Menschen langsam verstehen, dass sie dieses Potenzial nutzen können und müssen, um voran zu kommen. Allerdings lernt man auch, dass Mühlen mitunter sehr langsam mahlen und man sehr viel Geduld mitbringen muss. Man muss eben immer am Ball bleiben und darf sich von Niederlagen nicht unterbuttern lassen.
E-Mail: ariane.belka@gmail.com
Schon während der Schulzeit spielte ich oft mit dem Gedanken, später Mathematik zu studieren. Allerdings fehlte mir die Anwendung bei dem schon sehr theoretisch klingenden Fach. Im Studienführer las ich schließlich von dem Biomathematik-Studiengang in Greifswald und war sofort begeistert, da ich mir unter diesem Studium mehr Anwendung als unter einem reinen Mathematikstudium vorstellen konnte, und ich habe die Entscheidung für dieses Fach später nie bereut.
Nach einem Jahr im Ausland zog ich nach Greifswald und begann Biomathematik zu studieren. Ich war also aus dem Lernen komplett raus, und hatte auch nicht wirklich viel Ahnung, was auf mich zukam. Am Anfang fiel es mir schwer, 90 Minuten in einer Vorlesung zuzuhören und schnell mitzuschreiben. Weiterhin war der Umfang des Stoffes sehr groß und nicht mit der Schule zu vergleichen. Allerdings habe ich mich recht schnell an die neue Situation gewöhnt; das Gute ist, dass man in einem Studium nicht alles alleine schaffen muss. Schnell bildeten sich Lerngemeinschaften und damit auch neue, gute Freundschaften.
Und zusammen schafften wir es, meistens alle Übungsaufgaben zu lösen und genug für die Prüfungen zu lernen.
Besonders gut haben mir Lineare Algebra und analytische Geometrie, Genomanalyse, Diskrete Strukturen und Prozesse (heute Diskrete Strukturen in der Biologie), Einführung in die Genetik, Optimierung und Numerik im Bachelor gefallen. Auch merkte ich, dass mir der theoretische Teil des Studiums doch am meisten Spaß macht. Wir lernten auch das Programmieren. Jedoch möchte ich später nicht in die Richtung der Bioinformatik gehen, da mir das theoretische Beweisen und Herleiten von mathematischen Formeln und Zusammenhängen mehr Spaß macht.
Nach dem Bachelor ging ich für drei Monate nach Neuseeland und machte in Christchurch an der Uni ein Praktikum. Diese Pause von dem "normalen" Unialltag war genau das Richtige, und so startete ich zurück in Deutschland motiviert den Master.
Im Master gibt es viel mehr Wahlmöglichkeiten als im Bachelor. Ich belegte besonders viele interdisziplinäre Vorlesungen und schrieb auch meine Masterarbeit bei Frau Fischer im Bereich der Biomathematik.
Schon während der Bachelorarbeit, aber auch während des Praktikums in Neuseeland und der Masterarbeit merkte ich, dass mir das wissenschaftliche Arbeiten viel Spaß macht.
Heute schreibe ich meine Doktorarbeit in der Arbeitsgruppe von Frau Fischer, finanziert durch das Landesgraduiertenstipendium. Ich schrieb insgesamt also eine Bewerbung, alternativ hätte ich auch eine Doktorandenstelle am Institut bekommen können. Da allerdings die Bewerbung für das Stipendium erfolgreich war, war das nicht nötig, und ich genieße jetzt die Freiheiten eines Stipendiums.
Was genau ich nach der Doktorarbeit machen werde, und in welche Richtung ich gehen möchte, weiß ich noch nicht. Ich bin mir jedoch sehr sicher, dass ich eine Stelle finden werde, da Biomathematiker überall gesucht werden, wo Biologen sind.
Ich habe mich für den Studiengang entschieden, weil ich etwas Interdisziplinäres studieren wollte und Bio und Mathe in der Abiturstufe meine stärksten Fächer waren. Beim Durchschauen des Studienführers bin ich auf den Studiengang aufmerksam geworden und er hat mir dann letztlich auch am meisten zugesagt.
Der Anfang war für mich schwierig und durch die hohe Arbeitslast geprägt. Der Blick auf meine Kommilitonen hat mir aber gezeigt, dass es allen so geht, und schnell haben wir uns zu Lern- und Übungsaufgabengruppen zusammengefunden und so die Aufgaben bewältigen können. Nach den ersten zwei Semestern hatte ich mich gut an diese neuen Anforderungen gewöhnt, und obwohl die Arbeitslast realistisch vielleicht nicht abgenommen hat, ging es doch viel leichter und kam mir entspannter vor.
Mir hat die familiäre Atmosphäre im Matheinstitut gefallen, und ich hatte auch durch Berichte von Kommilitonen immer den Eindruck, dass die Profs an jedem Studenten hängen und in vielfacher Weise zur Unterstützung bereit sind. Wer also Probleme hat, sollte einfach mit den Leuten reden (Dozenten oder für eine zweite Meinung zunächst ältere Studenten oder Doktoranden, also z.B. Übungsleiter). Bei strukturellen Problemen lässt sich oft eine Lösung finden und das Feedback der Studenten findet zum Teil sogar Eingang in die inhaltliche Planung, so wurde nach meiner Zeit beispielsweise die Vorlesung „Diskrete Strukturen und Prozesse“ in „Diskrete Strukturen in der Biologie“ geändert, um früher als bis dahin einen Einblick in die Anwendungsbereiche des Studienganges zu geben.
Der Master hat den großen Vorteil, dass man sich die Vorlesungen und Vertiefungsrichtungen aussuchen kann. Auch hierbei ging ich danach, was mich am meisten interessiert, sodass ich mich in der Biologie auf die Ökologie festlegte, obwohl die meisten meiner Kommilitonen die Mikrobiologie wählten. Mir hat am Master auch gefallen, dass ich mir das Tempo des Studiums etwas besser anpassen konnte. Im Bachelor haben alle Vorlesungen aufeinander aufgebaut, so dass man es sich kaum leisten konnte, mal eine Vorlesung erst im Folgejahr zu hören. Im Master hatte ich diesbezüglich mehr Freiheiten und habe auch mal eine Vorlesung in einem völlig fachfremden Bereich gehört.
Ich wusste zu Beginn und auch während des Studiums nicht, was ich später damit anfangen will, war aber überzeugt, dass sich damit ein Job finden lässt, der mir Spaß macht. Sehr hilfreich, um einen Einblick in das Arbeitsfeld zu bekommen, sind Praktika. So habe ich bei René Friedland (s. Abschluss 2007) ein einmonatiges Praktikum absolviert und dort auch meine Masterarbeit geschrieben, da ich dort die Möglichkeit hatte, mit realen Daten zu arbeiten und nicht-theoretische Fragestellungen zu untersuchen.
Nach der Verteidigung der Masterarbeit im Dezember 2015 bin ich 2016 auf Weltreise gegangen, weil ich es für den bestmöglichen Zeitpunkt für eine solche große Reise halte und so weitere wertvolle Erfahrungen abseits des Studiums und der Fachrichtung sammeln konnte. Seit ich wieder in Deutschland bin, bewerbe ich mich auf Stellen verschiedenster Bereiche, z.B. in der Biotechnologiebranche, Instituten mit Fragestellungen zur erneuerbaren Energieerzeugung, aber auch in der Automobilbranche, da ich mir nach wie vor ein breites Feld von Anwendungsbereichen vorstellen kann.
Eigentlich bin ich damals nur durch einen Zufall in Greifswald gelandet, denn ich hatte sehr lange den Plan, in Dortmund Mathematik zu studieren. Im Internet bin ich dann auf Biomathematik aufmerksam geworden, auch wenn es mich zuerst abgeschreckt hat, wie weit Greifswald doch von allem weg ist. Am Ende hat mich aber das Studium doch so sehr überzeugt, sodass auch die Distanz kein Hinderungsgrund mehr war.
So habe ich schließlich im Oktober 2010 in Greifswald angefangen, Biomathematik im Bachelor zu studieren. Es war am Anfang eine ziemlich Herausforderung und manchmal war man wirklich nahe der Verzweiflung. Aber es ist immer gut zu wissen, dass man nicht alleine dasteht, weswegen wir uns ziemlich schnell zu Lerngruppen zusammengefunden haben. Besonders bei den Hausaufgaben war es hilfreich, einfach um verschiedene Ansätze zu finden und so auf eine Lösung zu kommen. Aber auch beim Lernen für Prüfungen hat es mir immer sehr geholfen, wenn man sich untereinander Fragen stellt und diese anschließend beantwortet -- man spielt ja quasi eine mündliche Prüfung durch.
Das erste Jahr fand ich im Nachhinein am schlimmsten, und mehr als ein Mal musste ich mich daran klammern, dass nach diesem Jahr das Schlimmste vorbei ist. Und am Ende hat man es auch irgendwie geschafft und sich in die Semesterferien gerettet. Danach wurde es deutlich entspannter, die Anzahl der Übungsscheine war geringer und man hatte sich auch ein wenig daran gewöhnt.
Insgesamt haben mir im Bachelor die Mathematikvorlesungen viel mehr zugesagt als die Biologievorlesungen, da mir öfters der Sinn für das Auswendiglernen gefehlt hat. Daher habe ich für meine Bachelorarbeit ein rein algebraisches Thema gewählt und zum Master hin zu Mathematik gewechselt, einfach um noch mehr Mathematikvorlesungen zu hören. Bevor ich jedoch mit dem Master wirklich begonnen habe, hatte ich die Möglichkeit, für drei Monate nach Christchurch in Neuseeland zu gehen. Zusammen mit einer Freundin habe ich dort ein Praktikum an der University of Canterbury gemacht. Für mich war es ein super Einblick in die aktuelle Forschungsarbeit an der Universität und hat zusätzlich mein Interesse an der Biomathematik und insbesondere der Phylogenetik noch weiter gesteigert. Daher habe ich in meinem Master auch möglichst viele Biomathematikvorlesungen besucht, selbst wenn es offiziell der Master in Mathematik war. Mich hat aber einfach das Interdisziplinäre gereizt, besonders da ich die notwendigen Grundlagen der Biologie schon erworben hatte. Zum Ende habe ich meine Abschlussarbeit auch im Bereich der Biomathematik mit dem Titel "On the probabilty of non-hereditary Maximum Parsimony trees" geschrieben.
Ich habe mir während des Studiums schon öfters die Frage gestellt, was ich im Anschluss machen möchte. Lange bestand für mich der klare Plan, irgendwas in dem Bereich der Pharmazie zu machen, bin davon aber immer weiter abgekommen. Im Nachhinein wäre es vielleicht mal gut gewesen, ein Praktikum in dem Bereich zu machen, was ich auf jeden Fall immer empfehlen würde.
So bin ich aber schließlich erstmal in Greifswald geblieben und mache im Moment meinen Doktor in der Arbeitsgruppe "Biomathematik und Stochastik" von Frau Fischer. Hier beschäftige ich mich mit verschiedenen Fragen der mathematischen Phylogenetik. Neben dem Schreiben der Doktorarbeit leite ich auch in jedem Semester eine Übung, was mir immer sehr viel Spaß macht. Insgesamt bin ich mit dem Verlauf meines Studiums und wie es sich danach entwickelt hat sehr zufrieden. Trotzdem weiß ich noch nicht so genau, was nach meiner Doktorarbeit kommt, aber ein wenig Zeit habe ich ja noch.
Als ich im Jahr 2009 mein Abitur gemacht habe, hatte ich noch gar keine Idee, was ich später mal genau machen wollte. Ich hatte mich zunächst für zwei Semester in Elektrotechnik eingeschrieben und musste leider feststellen, dass dieses Studium nicht das Richtige für mich war. Daraufhin habe ich mich nach Alternativen umgeschaut.
Da ich ursprünglich aus Rostock stamme, bot es sich an, zuerst in der Umgebung nach dem passenden Studium zu schauen. Dabei bin ich auf die Biomathematik gestoßen und fühlte mich in meinen Interessen sofort angesprochen. Damit begann mein Studium im Wintersemester 2010/11.
Wie viele habe ich während des Bachelor-Studiums gemerkt, dass die Biologie eine eher untergeordnete Rolle spielt. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten mit mündlichen Prüfungen hatte ich schnell meinen Spaß an den Themen gefunden. Vor allem die informatischen und statistischen Aspekte gefielen mir.
Meine Bachelor-Arbeit bei Prof. Bandt war eine sehr interessante Erfahrung der angewandten Statistik als ein interdisziplinäres Thema mit der HNO-Greifswald und Dr. Beule.
Für mich stand schon vor Abschluss der Arbeit fest, das Master-Studium gleich im Anschluss fortzuführen.
Die so gut wie freie Wahl der Fächer im Master machte das Studium noch viel interessanter. Ich entschied mich für Ökologie im Bio-Teil und vorwiegend statistische und informatische Fächer für die Mathematik. Nach nur einem kurzen Jahr begann schon wieder die Suche nach einem passenden Thema für die Abschlussarbeit. Da mir das interdisziplinäre Arbeiten so gefallen hatte, suchte ich mir verschiedene Themen aus Biologischen Instituten zusammen. Am Ende bin ich bei einem informatischen Problem der Mikrobiologie gelandet. Trotz meines großen Interesses an der Arbeit wurde es am Ende ziemlich zäh und mühsam.
Daraufhin entschied ich mich, dass meine Berufung eher in der Statistik liegt, und fing zwei Monate vor meinem Abschluss an mit der Jobsuche. Den besten Tipp bekam ich von einer Absolventin während eines Absolventenvortrages bei uns. Sie nannte mir ein paar Namen, an die ich mich wenden konnte, und schon nach einem Monat hatte ich mit etwas Glück eine Einladung ins Institut für Community Medicine in Greifswald. Nach einem positiven Kennenlernen wurde daraufhin extra für mich eine Stelle ausgeschrieben, auf die ich mich dann bewarb. Parallel hatte ich den Termin für meine Verteidigung am 13.03.2016 erhalten.
Eine Woche vor der Verteidigung bekam ich die Einladung zum offiziellen Bewerbungsgespräch am 14.03.2016. Einen Tag nachdem ich meine Verteidigung erfolgreich absolviert hatte, erhielt ich ohne große Umschweife meine Jobzusage. Nun arbeite ich schon seit dem 01.04.2016 am Projekt der NAKO-Gesundheitsstudie als wissenschaftlicher Mitarbeiter für statistische Probleme und Berichterstellung.
Ich konnte schon viele Dinge aus meinem Studium anwenden, aber man muss in so einem Beruf bereit sein, immer wieder neue Dinge zu lernen und sich anzueignen.
Grundsätzlich bin ich mit dem Verlauf meines Studiums sehr zufrieden. Wenn es auch im Bachelorstudium die ein oder andere (vor allem biologische) Vorlesung gab, die ich als nicht ganz so sinnvoll angesehen habe, war das Studium im Ganzen doch recht gut organisiert. Durch das breit gefächerte Spektrum an Vorlesungen konnte man in viele Anwendungsbereiche der Biomathematik (wie z. B. Genetik, Ökologie, Wirkstoffdesign, usw.) einmal hineinschnuppern und sich so nach und nach ein immer besseres Bild davon machen, welche Möglichkeiten man nach dem Studium hat.
Natürlich war nicht immer alles einfach. Daher möchte ich zwei Erlebnisse aus der Anfangsphase meines Studiums, an die ich mich immer wieder zurück erinnere, einmal hervorheben: Zum einen meine allererste Vorlesung "Lineare Algebra und Analytische Geometrie" – Der Professor kam herein und sagte nach ein paar einleitenden Sätzen zu uns "Erstis": "Schauen Sie jetzt einmal nach rechts und einmal nach links und merken Sie sich die beiden Gesichter, die Sie dort sehen. Denn diese Gesichter werden Sie in einem Jahr nicht mehr wiedersehen".1 Wir haben uns daraufhin nur angesehen, geschluckt und ich dachte: "Na, das fängt ja gut an..." So ein Kommentar in der ersten Woche an der Uni ist natürlich ziemlich ernüchternd, aber heute denke ich mit einem Schmunzeln an diese erste Vorlesung zurück, denn in meinem Fall haben meine beiden Nachbarn sowohl den Bachelor als auch den Master fast gleichzeitig mit mir abgeschlossen und eine der beiden ist heute eine meiner besten Freundinnen.
Bei dem anderen Erlebnis handelt es sich um meine ersten Erfahrungen mit "Algorithmen und Programmierung". Hier bestand die erste Hürde darin, uns Linux zu installieren, damit wir den Umgang mit der Shell, den wir in der Übung zunächst gezeigt bekommen hatten, zu Hause üben konnten. Also haben wir uns zu dritt im Studentenwohnheim getroffen, unseren Laptops mithilfe eines Switches und einiger LAN-Kabel Zugang zum Internet verschafft (WLAN war im Wohnheim nicht erlaubt), Linux heruntergeladen und anschließend mit ein wenig Angstschweiß auf der Stirn (weil wir nicht wirklich wussten, was wir taten) gehofft, dass die Installation unseren Rechner nicht lahmlegt. Zum Glück ist aber alles gut gegangen und wir konnten uns anschließend Befehle wie "cd", "ls", "mkdir" usw. um die Ohren werfen. Nach und nach lernten wir dann auch, erste kleine Programme in Java zu schreiben, was mich sehr faszinierte. Ich fand es spannend, dass ich einem Computer "sagen" konnte, was er machen soll, und er es dann auch tat. Ich wusste zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht, dass ich einmal in einem informatischen Bereich arbeiten würde – vielmehr hatte ich noch gar keine Vorstellung davon, was ich nach dem Studium einmal mache – aber schon im ersten Semester waren mein grundsätzliches Interesse an der Informatik und der Spaß am Programmieren geweckt.
Im weiteren Verlauf meines Studiums gab es manche Dinge, die mir verhältnismä\-ßig leicht fielen, aber natürlich auch andere Dinge, die mir schwerer fielen. Was mir aber immer geholfen hat, war der Austausch mit anderen. Gemeinsam hat man einfach mehr Ideen und kommt dadurch auch schneller zur Lösung einer Aufgabe. Ich kann daher allen Studenten nur empfehlen: Redet über eure Aufgaben, diskutiert verschiedene Lösungen und helft euch gegenseitig!
Heute, knapp ein Jahr nachdem ich meinen Master abgeschlossen habe, arbeite ich bei data experts, einer Softwarefirma in Neubrandenburg. Die Jobsuche nach dem Studium ging in meinem Fall viel schneller, als ich selbst für möglich gehalten hätte. Ich hatte mich auf genau drei verschiedene Stellen im Bereich der Softwareentwicklung beworben und wurde von allen Firmen zum Vorstellungsgespräch eingeladen (davon einmal in Form eines Telefoninterviews). Nach dem Telefoninterview erhielt ich eine Absage, bei einer weiteren Firma wurde ich anschließend zum Probearbeiten eingeladen und bei data experts bekam ich sofort nach dem Vorstellungsgespräch eine mündliche Zusage, woraufhin ich das Probearbeiten, das noch anstand, wieder absagte, weil mir die andere Firma ohnehin nicht ganz so sympathisch gewesen war.
Inhaltlich hat mein jetziger Job rein gar nichts mehr mit Biologie zu tun und auch mit Mathe eher weniger. Ich arbeite dort in einem Team an einer Software zur Verwaltung von Fördermitteln in der Landwirtschaft, die bereits in den Ämtern einiger Bundesländer eingesetzt wird und sich stetig weiterentwickelt und verändert, je nachdem, wie die Gesetzeslage und die Anforderungen aussehen. Neben meiner eigentlichen Arbeit als Softwareentwickler habe ich auch direkten Kontakt zu unseren Kunden, mit denen ich Anforderungen an die Software und deren Umsetzung bespreche.
In der Anfangszeit bekam ich sehr viel Unterstützung, da mir im Gegensatz zu jemandem, der Informatik studiert hat, natürlich noch einiges an Wissen fehlte. Das war aber nicht weiter schlimm. Vielmehr habe ich immer wieder die Möglichkeit, mich in Schulungen weiterzubilden, und vieles funktioniert auch nach dem Motto "Learning by Doing": Wenn ein Programmcode nicht sofort das macht, was er soll, muss man eben herausfinden, warum das so ist, und den Fehler beheben.
Insgesamt sind meine Erfahrungen als Biomathe-Absolvent in der Arbeitswelt also bisher durchweg positiv: Ich habe sehr schnell mit nur wenigen Bewerbungen einen Job gefunden, wurde auch als Quereinsteiger sehr gut aufgenommen, erhalte immer Hilfe, wenn ich welche benötige, und bekomme die Möglichkeit, immer wieder dazuzulernen und mich weiterzubilden.
1Anmerkung der Redaktion: Der betreffende Dozent ist mittlerweile emeritiert. Das Institut für Mathematik und Informatik bedauert diesen Vorfall. Es ist unser Anliegen, unsere Studierenden konstruktiv zu ermutigen und nicht etwa, sie zu verängstigen. Ein Vorfall wie der hier geschilderte soll sich nicht wiederholen.
Mein Studium der Biomathematik begann ich erst nach einem Auslandsjahr. Ich war also ein Jahr aus dem Schulalltag raus. Somit war es besonders in der ersten Zeit sehr überwältigend, den Übergang von der Schule zur Universität zu meistern. Bereits nach der zweiten Vorlesung Analysis fühlte ich mich verloren. Jedoch habe ich schnell unter meinen Kommilitonen Freunde gefunden, denen es ähnlich ging bzw. die bereit waren, mir zu helfen. In einer Lerngruppe wurden die Übungsaufgaben besprochen und sich auf Prüfungen vorbereitet. Geteiltes Leid ist eben halbes Leid.
Obwohl das Studium SEHR herausfordernd für mich war und ich so manch einen (oder auch zwei) verzweifelte Momente erlebt habe, kann ich vorwiegend positives von meinem Studium berichten. Nachdem die Grundvorlesungen wie Analysis und Lineare Algebra geschafft waren, kam ich immer mehr in den Genuss, an Vorlesungen teilzunehmen, die mein Interesse am weiteren Studium weckten (z.B. Genomanalyse, Bioinformatik und Optimierung). Besonders im Master konnte ich mir sehr frei meine Vorlesungen aussuchen.
Ganz am Anfang meines Studiums hatte ich die Idee, später in die Pharmaindustrie (statistische Auswertung) zu gehen. Diese Idee habe ich aber aus verschiedenen Gründen schnell fallen gelassen. Im Studium hatte ich lange keine genaue Idee, was ich später machen möchte. Ich wusste nur, dass mir besonders Programmieren Freude machte, weswegen ich mich im Master besonders mit der Bioinformatik beschäftigte.
Zum Ende des Studiums bewarb ich mich daher als Software-Entwicklerin. Bereits die ersten zwei Bewerbungen waren erfolgreich. Alleine dies hat mir gezeigt, dass meine Entscheidung, ein Studium der Biomathematik zu beginnen, und dieses auch zu beenden, sich gelohnt hat. Obwohl ich nicht direkt als Software-Entwicklerin ausgebildet war, hatte ich keine Probleme, einen Job zu finden. Zwei Wochen nach meiner Verteidigung begann ich als IT Consultant Trainee bei der FDM Group GmbH zu arbeiten. Dies ermöglichte es mir, noch vor dem "offiziellen" Berufsstart ein 4 monatiges Intensiv-Training zur Java Entwicklerin zu absolvieren. Der Großteil dieses Trainings fanden in GB statt. Nach dem Ende des Trainings wurde ich bei Hapag Lloyd in Hamburg als IT-Consultant eingesetzt.
Meine jetzigen Aufgaben bestehen darin, neue Features/Verbesserungen für eine Software, die den Schiffscontainerverkehr überwacht und auswertet, zu entwickeln. Dazu müssen die Anforderungen an das System analysiert werden, Konzepte und Ideen zusammen getragen werden, wie man dieses am besten umsetzt, und mit Abstimmung der Auftraggeber innerhalb von Hapag Lloyd vor der Implementierung abgestimmt werden. Auch kleinere organisatorische Aufgaben wurden mir bereits übertragen. Am wichtigsten ist das selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten.
Während meines Biomathe-Studiums fiel mir vor allem der nicht-mathematische Teil recht schwer. Daher wechselte ich nach dem Bachelor zur Mathematik, konnte aber nach wie vor alle biomathematischen Veranstaltungen in meinem Studium unterbringen.
Nach meinem Abschluss arbeitete ich acht Monate als wissenschaftliche Hilfskraft beim Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Bremerhaven. Dort habe ich Parameter optimiert, welche die Form der Rotorblätter bei Windturbinen beeinflussen. Das Ziel war, einerseits die Energiegewinnung zu steigern, und andererseits die auftretende Schubkraft zu verringern.
Währenddessen war ich auf der Suche nach einer passenden Doktorandenstelle. Ich schrieb insgesamt ca. 30 Bewerbungen und hatte sieben Einladungen zum Bewerbungsgespräch. Nach einer längeren Zeit ohne Erfolg kamen dann drei Zusagen auf einmal!
Ich entschied mich für eine Doktorandenstelle in der Arbeitsgruppe "Klimageographie" an der Universität Bremen. Dort arbeite ich an der Weiterentwicklung eines Modells für die Vorhersage der Entwicklung von Gletschern (Open Global Glacier Model).
Meine Aufgabe besteht darin, das "Gedächtnis" von Gletschern in das Modell einzuarbeiten. Das bedeutet, dass somit auch das vergangene Klima in das Modell einfließt.
Bei meiner Arbeit helfen mir vor allem meine Programmierkenntnisse aus dem Studium und auch aus der Zeit bei Fraunhofer. Obwohl ich im Studium keinen Kontakt zur Programmiersprache PYTHON hatte, fiel mir der Einstieg extrem leicht.
Am Ende meines Biomathematik-Bachelors habe ich mich entschieden, den Master Mathematik zu machen. Grund dafür war, dass ich das Gefühl hatte, von allem etwas, aber nichts richtig tiefgreifend zu wissen. Trotzdem wollte ich nach dem Studium die biologische Anwendung nicht verlieren. Etwa ein halbes Jahr vor meinem Abschluss habe ich begonnen, mich nach passenden Stellen umzusehen. Ich wollte gern eine Doktorandenstelle finden, bei der ich meinen biologischen Hintergrund einbringen konnte oder welche wenigstens anwendungsorientiert ist. Ich schrieb etwa 15 Bewerbungen und wurde zu einigen Vorstellungsgesprächen eingeladen. Im Dezember 2015 bekam ich dann eine Zusage vom Alfred Wegener Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung, in Bremerhaven (AWI). Im Februar 2016 fing ich dort also als Doktorand an und hatte somit glücklicherweise einen mehr als nahtlosen Übergang vom Studium zum Job, denn meine Verteidigung fand erst Mitte Februar statt. Am AWI arbeite ich seitdem in der Sektion Glaziologie, also der Gletscherkunde. Ich entwickle Methoden zum Filtern von Ausreißern und Interpolieren von Lücken in großen Geodatensätzen weiter. Diese Verfahren wende ich auf Geschwindigkeitsfelder von der Oberfläche verschiedener Gletscher an, die aus Satellitenbildern errechnet wurden. Im zweiten Teil meiner Doktorarbeit wird es dann um die Berechnung von Parametern, wie der Rauigkeit des Bodens unter dem Gletscher, mithilfe inverser Modellierung gehen. Dazu löse ich ein Optimierungsproblem, in dem die Differenz zwischen beobachteter Geschwindigkeit des Gletschers und modellierter Geschwindigkeit (welche abhängig von der Rauigkeit ist) minimiert werden soll. Im Modell werden dabei die Masse- und Impulsbilanz eines nichtnewtonischen Fluids gelöst, wodurch man Temperatur sowie Horizontal- und Vertikalgeschwindigkeiten des Gletschers erhält.
Vor allem in den ersten Monaten musste ich sehr viel Neues lernen. Die Theorie der Geophysik und der Umgang mit Geodaten waren mir vollkommen unbekannt. Dazu kamen Verfahren aus der Bildbearbeitung, Fernerkundung und natürlich der Glaziologie. Ich fühlte mich oft, als spräche ich eine andere Sprache. Geholfen hat mir, dass ich schon aus der Biomathematik angewandtes Denken mitgebracht habe. Auch meine zwar nicht ausgeprägte, aber immerhin schon etwas vorhandene Programmiererfahrung war ein großer Vorteil und auch einer der Gründe, warum man sich für mich entschieden hat. Im zweiten Teil, der inversen Modellierung, werde ich dann auch endlich Wissen über die Optimierung aus meinem Studium anwenden können. Dass ich einmal in der Klimaforschung arbeiten würde, hätte ich nie gedacht, aber dies ist ein Bereich, in dem verschiedenste Fachrichtungen benötigt werden und Einfluss finden. Und für alle, die sich nicht für die Geowissenschaften begeistern können: Das AWI forscht natürlich auch an biologischen Themen. Schaut doch einfach mal auf www.awi.de vorbei!
Da Mathematik und die Naturwissenschaften zu meinen Lieblingsfächern in der Schule gehörten, begann ich nach meinem Abitur 2011 mein Biomathematik-Studium.
Schon in der Erstiwoche bildete ich mit anderen Kommilitonen eine Lerngruppe, und von Anfang an lösten wir die wöchentlichen Übungsaufgaben gemeinsam. Aus diesen Lernpartnern wurden schnell gute Freunde, sodass ich mich in Greifswald sofort wohlfühlte und die Entscheidung für Biomathematik nie bereute. Auch wenn der Einstieg schwer war und ich z.B. vor Beginn des Studiums nie programmiert hatte, gefiel mir die Kombination aus mathematischen, informatischen und biologischen Fächern. Von Anfang an machten mir besonders die biomathematischen Fächer, wie Diskrete Strukturen und Prozesse, Genomanalyse oder das Bioinformatische Praktikum Spaß, und auch im Masterstudium konnte ich diese Interessen mit Bioinformatik, Molekulare Evolution, etc. weiter verfolgen.
Zuvor hatte ich jedoch nach meinem Bachelorabschluss 2014 die Möglichkeit, ein dreimonatiges Praktikum an der Massey University in Palmerston North, Neuseeland zu machen. Dieses Praktikum war eine tolle Erfahrung und ich kann nur jedem empfehlen, während des Studiums für eine gewisse Zeit ins Ausland zu gehen.
Während ich zu Beginn des Studiums noch keine konkrete Idee hatte, was ich später beruflich machen wollte, merkte ich während der Bachelorarbeit und des Praktikums in Neuseeland, dass mir das wissenschaftliche Arbeiten sehr viel Spaß machte und ich zunächst gerne in der Wissenschaft bleiben würde.
Glücklicherweise ergab sich die Möglichkeit, dass ich direkt im Anschluss an mein Masterstudium (Abschluss Dezember 2016) eine Doktorandenstelle in der Arbeitsgruppe Biomathematik und Stochastik von Prof. Dr. Mareike Fischer bekam und dort seit Januar 2017 an meiner Promotion arbeite. Inhaltlich beschäftige ich mich dabei mit verschiedenen Fragestellungen der mathematischen Phylogenetik, wobei mir insbesondere die Kenntnisse der diskreten Mathematik aus dem Studium helfen.
Zum Studiumsverlauf
- Im Bachelor hatten wir keine Wahlmöglichkeiten, aber einen guten Einblick in verschiedene mathematische und biologische Gebiete, was eine gute Basis schaffte. Im Master habe ich „Molekulare Biologie und Genetik“ als Vertiefung gewählt. Mathematisch wählte ich vor allem angewandte Mathematik-Fächer mit Informatikbezug. Die Wahl-Freiheit im Master fand ich super.
Zukunfts-Ideen während des Studiums?
- Was mich an Biomathe (immer noch) reizt, ist, dass ich das machen kann, was mir liegt (und Spaß macht) und ich dennoch freie Wahl für einen späteren Beruf habe: in der Forschung (und hier verschiedenste Richtungen in Life Science oder direkt Biomathematik), ein Job in der Wirtschaft (z.B. Consulting) oder sogar Lehrer.
Hohe Quote bei Bewerbungen:
- 8/9 Bewerbungen haben zu Interviews (Skype bzw. persönlich) geführt
- bei 2/8 erhielt ich eine offizielle Absage, jedoch bei einer davon mit der Einladung, mich auf eine andere PhD-Stelle zu bewerben
- 3 offizielle Zusagen + 3 (inoffizielles) Interesse von den anderen, aber da hatte ich meine Entscheidung bereits getroffen.
- Am Ende konnte ich zwischen verschiedensten Positionen wählen:
- zwischen verschiedenen Bereichen und Anwendungsgebieten: Bioinformatik, eher mathematisch (Optimierung), Richtung Psychologie, Epidemiologie oder Marine-Biologie
- u.\,a. zwischen EU H2020 Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network(ITN), 100% DFG Stelle oder einer Stelle in einem Max Planck Institut
Post-Studium:
- Stelle als "Early Stage Researcher" im H202 ITN Projekt "Singek" in Barcelona: (http://www.singek.eu/ina-deutschmann/)
- Ich arbeite in einem marine-biologischem Forschungsinstitut, Institute of Marine Sciences (ICM-CSIC). Das PhD-Programm ist in Applied Mathematics an einer Universität, Universitat Politècnica de Catalunya (UPC).
- Biologen sind hin und weg von dir, wenn sie hören, was du studierst hast. =) Ein Hoch auf das mathematische Denken (logisches, algorithmisches, strukturiertes, abstraktes,...). Was zusätzlich noch sehr hilfreich für mein (PhD) Projekt ist, sind meine Programmier-Kenntnisse (incl. C++ und R).
twitter.com /ina\_deutschmann
ina.m.deutschmann@gmail.com
Sind Sie mit dem Verlauf Ihres Studiums zufrieden?
Ja, ich bin sehr zufrieden. Der Stundenplan war nicht zu voll gepackt und man hatte immer noch genügend Zeit für seine Hobbys in der Freizeit. Ich habe insgesamt ein Jahr länger für den Master (Mathematik) benötigt, aber nur weil ich 3 Monate in Neuseeland war und in dem entsprechenden Semester keine Vorlesungsmodule besucht habe. Die Masterarbeit (verfasst am Institut für Ostseeforschung in Warnemünde) habe ich dann nach Bestehen aller erforderlichen Prüfungen begonnen und mich in Ruhe nur darauf konzentriert und daher eine entspannte Zeit gehabt.
Gab es Schwierigkeiten oder besonders gute Sachen, die Sie hervorheben wollen?
Motivation/Nutzen einiger Module in Vorlesungen blieb manchmal auf der Strecke.1
Haben Sie im Laufe des Studiums schon eine Idee gehabt, was Sie später damit machen wollen?
Im Laufe des Studiums hat sich herauskristallisiert, dass ich mehr in die Schiene der anwendbaren Mathematik gehen will (Statistik, Modellierung, Optimierung, usw.). Trockene Theorie wie Algebra usw. waren eher nichts für mich.
Wie viele Bewerbungen haben Sie circa geschrieben?
5 bis 7 Bewerbungen auf Doktorandenstellen, Zusage bei 3.
Wie genau lief die Zeit nach Ihrem Studium ab?
Nach meinem Studium (Verteidigung der Masterarbeit im September 2016) habe ich mich für 2 Monate entspannt und nach interessanten Doktorandenstellen Ausschau gehalten. Beginn der Stelle im Dezember 2016.
Wo haben Sie nach dem Studium angefangen zu arbeiten?
Doktorandenstelle am Max-Plank-Institut Tübingen/ Uni Greifswald. Auf dem Gebiet der „MR-Spektroskopie und Ultra-Hochfeld-Methodologie“.
Wobei hat Ihnen das Studium bei Ihrem jetzigen Job geholfen?
Im Studium haben wir immer wieder gelernt uns in komplexe und neue Themengebiete einzuarbeiten, das hilft jetzt sehr, da ich mir eine Menge neuer Dinge, vor allem physikalischer Theorien die mir allesamt neu sind, aneignen muss. Weiterhin nutze ich Matlab nahezu jeden Tag, eine Programmiersprache dir mir aus Modulen wie „Statistik“, „Optimierung“, „Numerik“ oder der Masterarbeit bekannt ist.
Was genau machen Sie in Ihren jetzigen Job evtl. typische Aufgaben, typischer Arbeitsablauf o. ä.?
Meine Aufgabe ist es Verfahren zur Bildgebung im Bereich der Magnetresonanztomographie (MRT) zu optimieren (das ist diese Technik die in diesen Geräten benutzt wird die man umgangssprachlich als „Röhren“ bezeichnet). Ich konzentriere mich auf Verfahren zur Untersuchung des menschlichen Gehirns.
1Anmerkung der Redaktion: Wir bedauern es sehr, wenn nicht alle Dozent*innen den Nutzen ihrer Lehrveranstaltung entsprechend vermitteln konnten. Wir arbeiten stets daran, unsere Lehrveranstaltungen zu verbessern und halten es für sehr wichtig, unsere Studierenden für den Stoff zu begeistern.
Ich habe einen Bachelor in Biologie und bin dann nach zwei Jahren FÖJ und Praktikum als Quereinsteiger nach Greifswald gekommen, um den Master in Biomathematik zu machen. Das geht natürlich nicht einfach so, aber die Studienberatung und der Prüfungsausschussvorsitzende waren viel offener für meine Idee, als ich erwartet hatte und so durfte ich mit einigen nachzuholenden Mathekursen 2013 mit dem Studium beginnen. Natürlich war es nicht immer einfach. Analysis und Lineare Algebra haben mir zwar die nötigen Grundlagen verschafft, aber noch heute habe ich oft das Gefühl, das mir die breite Basis fehlt. Dennoch habe ich in drei Jahren meinen Abschluss geschafft und mittlerweile auch durchaus ein Gefühl für die mathematische Herangehensweise an Probleme. Im Großen und Ganzen war ich mit dem Studium zufrieden. Besonders weil ich viel „Handwerkszeug“ gelernt habe wie Programmieren, Beweisführung usw. Trotz aller Warnungen zu Beginn hatte und habe ich aber eine etwas andere Vorstellung von Biomathematik, als es durch den Studiengang vermittelt wird. Es gibt zumindest in der Lehre eigentlich kaum (sichtbare) Kooperationen zwischen Mathematikern und Biologen, wodurch die Mathematiker zwar Mathematik mit teilweise biologischen Bezugspunkten lehren und die Biologen bestimmt auch ab und zu mathematische Methoden erwähnen, die wirkliche Schnittstelle zwischen Biologen und Mathematikern wird aber in der Praxis nicht umgesetzt.1 Mit ein wenig Eigenarbeit und -interesse ist es über Praktika und Abschlussarbeiten aber dennoch möglich beide „Kulturen“ kennenzulernen, die Kommunikationsschwierigkeiten zu verstehen und damit einfach selbst Biomathematik in der Praxis zu betreiben. Ein weiterer Kritikpunkt liegt darin, dass einige Kurse nur alle zwei Jahre gelesen werden und man diese dann manchmal in einer Reihenfolge wählen muss, die nicht dem steigenden Schwierigkeitsgrad entspricht. Dadurch konnte ich mein Ziel möglichst viel über Statistik zu lernen nicht ganz so gut verfolgen, wie ich mir das gewünscht hatte.2 Dennoch hat mir das Studium sehr viel gebracht, unter anderem die Fähigkeit mir statistische Lücken einfach selbst anzueignen.
Überraschenderweise habe ich direkt nach meinem Studium einen Job als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Biomathematik bei Herrn Liebscher bekommen und schreibe dort nun meine Doktorarbeit über die Modellierung von Fang-Wiederfang-Daten. Dieses Thema habe ich mir selbst gesucht, da ich in der Vogelberingung aktiv bin und gerne dazu beitragen würde die dabei angesammelten Datenberge auf eine sinnvolle Weise auszuwerten. Ich habe nur diese eine Bewerbung geschrieben und die Zeit zwischen Verteidigung und Anfangen zu arbeiten mit Umziehen innerhalb von Greifswald und einem Monat Urlaub verbracht. Ohne den Master in Biomathematik hätte ich diesen Job wohl kaum bekommen. Er teilt sich in zwei Bereiche. Zum einen habe ich 2 Stunden Lehrverpflichtung pro Semester mit Vor- und Nachbereitung, wozu auch Prüfungsbeisitz und manchmal kleinere andere Aufgaben gehören. Das nimmt vor allem während der Vorlesungszeit einige Zeit in Anspruch. Die übrig gebliebene Zeit kann ich dann für meine Doktorarbeit nutzen. Bisher habe ich dafür viel Literatur gelesen, war auf einer Konferenz, einem Workshop und eine Woche an der Schweizerischen Vogelwarte, um mehr Einblicke in bereits etablierte Methoden in der Fang-Wiederfang-Szene zu bekommen. Durch meinen biologischen Hintergrund habe ich bisher vor allem Biologen kennengelernt, die sich vor allem mit Modellierung beschäftigen, um Daten auswerten zu können. Die meisten Leute, mit denen ich bisher geredet oder gearbeitet habe, haben deswegen weitaus mehr Erfahrung mit den Modellen und ihrer Anwendung als ich. Das Biomathematikstudium ermöglicht mir aber relativ schnell zu verstehen, um was es geht, und manchmal einen anderen Blickwinkel auf die Dinge zu haben, sodass ich denke trotz meiner wenigen Erfahrung etwas Neues in diesem Bereich beitragen zu können. Einfach weil es eine Richtung ist, in die in diesem Bereich bisher noch keiner gedacht hat. Die meisten Menschen können sich wenig darunter vorstellen, was man als „Biomathematikerin“ kann oder nicht kann. In den meisten Fällen waren die Leute aber neugierig oder offen für mich. Ich denke, dieses Unwissen öffnet einem eher die Tür. Man muss nur den richtigen Zeitpunkt erwischen, um zu erklären, dass man deswegen lange nicht jedes Problem lösen kann, nur weil es in einem biologischen Kontext steht und etwas mit Mathe zu tun hat ;).
1Anmerkung der Redaktion: Seit 2016 hat sich auch in dieser Hinsicht zum Glück einiges getan. Wir arbeiten aber weiter an Verbesserungen.
2Anmerkung der Redaktion: Im Bachelorstudiengang werden selbstverständlich alle Module jährlich gelesen. Im Master ist das leider nicht möglich, weil wir ein möglichst breites Spektrum der Biomathematik zur Wahl stellen wollen. Um als kleines Institut mit derzeit nur 13 Arbeitsgruppen ein möglichst breites Spektrum der Forschung auch in der Lehre abzubilden, können nicht alle Vorlesungen jedes Jahr stattfinden. Dies stellt für Quereinsteiger*innen aus der Biologie, wie etwa Frau Schirmer, sicherlich eine kleine Hürde dar. Wir sind uns dessen bewusst und unterstützen
daher besonders unsere Quereinsteiger*innen intensiv.
Hallo! Ich bin Lena und habe von 2012 bis 2018 Biomathematik in Greifswald studiert. Auf diesen
Studiengang bin ich durch Recherche im Internet gestoßen. Biologie und Mathematik zusammen, das klingt doch ganz interessant. Also fing ich 2012, direkt nach einem Abitur, mit dem Bachelorstudium an. Zu Beginn des Studiums musste ich erst mal lernen, wie ein Mathematiker zu denken. Das ist gar nicht so einfach, aber mit der Zeit bin ich immer besser mit den Übungsaufgaben klar gekommen, wobei mir die Zusammenarbeit mit Kommilitonen in einer Lerngruppe dabei auch sehr geholfen hat. Irgendwann
habe ich mich dann daran gewöhnt, dass alles ein bisschen abstrakter ist als in der Schule. Zudem
gibt es auch noch Biologievorlesungen, die eine schöne Abwechslung zu der ganzen Mathematik sind. Programmieren lernt man auch, was ich sehr spannend fand. Auÿerdem gibt es dann ab dem zweiten Semester auch die erste richtige Biomathevorlesung, in der tatsächlich Mathematik zur Beantwortung biologischer Fragestellungen verwendet wird. Da wurde mir langsam klar: Biomathe ist das Richtige für mich. Nach dem Bachelor bin ich dann für ein Auslandspraktikum drei Monate nach Auckland in Neuseeland gegangen. Dort habe ich gemerkt, dass ich schon mit meinem Bachelorabschluss absolut in der Lage bin, in der aktuellen Forschung mitzuwirken. Das hat mich nochmal darin bestätigt, auf jeden Fall einen Master in Biomathe zu machen. Also habe ich nach meinem Aufenthalt in Neuseeland den Master in Biomathematik in Greifswald gemacht. Das Masterstudium hat mir noch besser gefallen als der Bachelor, da ich viel mehr Freiheiten in derWahl der Vorlesungen hatte, die ich belegen konnte. Im Bachelorstudium ist im Gegensatz dazu fast alles vorgegeben, da man erst die (bio-)mathematischen Grundlagen kennenlernen muss. Meine Masterarbeit habe ich am Ende bei meinem Betreuer, den ich in Auckland kennengelernt habe, geschrieben. Dieser hat mich schon während meines Masters gefragt, ob ich nicht in seiner Arbeitsgruppe (in Dunedin, Neuseeland) promovieren möchte. Das Angebot habe ich direkt angenommen. Dadurch habe ich nach meinem Master erst einmal ein dreimonatiges Praktikum am Max Planck Institut für Evolutionsbiologie gemacht und werde danach in Neuseeland mit meiner Promotion beginnen.
Rückblickend bin ich sehr froh, dass ich in Greifswald Biomathe studiert habe. Ich habe im Studium nicht
nur gelernt, wie ein Mathematiker zu denken, sondern kenne nun auch die Sicht der Biologen. Außerdem hat die doch recht familiäre Atmosphäre am Institut für Mathematik und Informatik auch dazu beigetragen, dass ich mich dort sehr wohl gefühlt habe.
Ich habe mich damals sehr spontan anhand eines Zeitungsartikels fur das Biomathestudium entschieden. Der Bachelor war dann eine ziemliche Quälerei. Für die Prüfungen in Chemie, Differentialgleichungen und Optimierung brauchte ich mehrere Anläufe, aber am Ende hat doch immer alles gepasst. Vor allem unsere Übungsgruppe hat dabei sehr geholfen. Wir haben zusammen Hausaufgaben gemacht, gelernt, uns abgefragt, die Professoren verflucht . . . =). Da kam es auch gelegentlich mal vor, dass wir einen Übungszettel erst Nachts um drei fertig gestellt haben, weil jemand unbedingt noch einen Punkt brauchte.
Im Master ging dann alles leichter von der Hand, weil man sich die Fächer aussuchen konnte, die einem Spaß machen. Da wurden dann auch die Noten besser. Wie die meisten meines Jahrgangs habe ich mich hier auf Molekularbiologie und Genetik spezialisiert.
Im Nachhinein hat mir das Studium viel gebracht. Abgesehen von dem Überblick über verschiedenste biologische Vorgänge und mathematische Methoden nutzen mir heute vor allem die gesammelten Programmiererfahrungen, das logische und strukturierte Denken und die Fähigkeit, mich in komplexe Themen einzuarbeiten. Auch die Praktika der Biovorlesungen waren hilfreich, denn da gewinnt man einen Eindruck, wie die Daten eigentlich generiert werden, wo potenzielle Fehlerquellen sind, wo Entwicklungsbedarf besteht und wie mühsam das Prozedere ist. Eine Kritik, die ich zwischendurch immer wieder hatte, ist der hohe Theorieanteil in den Vorlesungen. Hier wäre mir etwas mehr Praxis lieber gewesen. Ich habe es dadurch ausgeglichen, dass ich meine Bachelorarbeit am Institut fur Bioinformatik und meine Masterarbeit im Institut fur Community Medicine (Unimedizin Greifswald) geschrieben habe, mit jeweils sehr anwendungsorientierten Themen. Nach dem Masterabschluss wäre ich gerne in der Community Medicine geblieben, es gab aber zu dem Zeitpunkt keine offene Stelle, sodass ich für meine Promotion in die Psychiatrie gewechselt bin. Dort arbeite ich jetzt als Datenanalyst mit genetischen und epigenetischen Daten, teste und entwickle neue Methoden, ... Danach verlasse ich vermutlich den Universitätssektor und versuche mein Glück in der Industrie bzw. Wirtschaft. Freie Stellen gibt es viele, man muss sich nur überlegen, in welche Richtung man gehen will und darf sich nicht davon abschrecken lassen, dass "Studium in Biomathematik" vermutlich nicht in der Liste der gesuchten Jobqualifikationen auftaucht. Immerhin ist der Studiengang bei Arbeitgebern zwar begehrt, aber kaum bekannt.
Dieses Vorhaben wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PL12039 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor